Geschichten aus dem Drinnen

Sonntag, 30. Juni 2013

30062013

halb neun am morgen.

keine ahnung, warum ich nicht länger schlafen kann, egal, wann ich ins bett gehe. drei mal in dieser woche wars morgens um fünf. letzte nacht immerhin schon halb drei.

gute bilder habe ich in dieser zeit gemalt und gelange zu der auffassung, dass dies offenbar nur im zustand totaler erschöpfung geht. irgendeine art von innerlichem loslassen muss da stattfinden. gestern haben sie auf dieser kunstplattform wieder einmal übers malen unter drogen diskutiert. natürlich behaupteten alle, ganz korrekt, dass das scheiße ist. und selbst der threadersteller schwor, dass er schon seit einem jahr nicht mehr kifft.

bei mir also reicht schlafentzug durch kaffee.

ich trinke einen kaffee.

weil ich ja eh nich mehr schlafen kann. aber es will sich kein ausreichender grad von wachheit einstellen.

unter mir beginnt die freikirchliche gemeinde zu singen. wogegen ich nie etwas hatte. bis sie sich ein schlagzeug zugelegt haben. es gelingt mir noch nicht, den rhythmus direkt unter meinem ans kopfkissen gepressten ohr ebenso zu ignorieren wie die kirchenglocke, die sonntags in 150 meter luftlinie etliche male minutenlang scheppert. (kurz keimt in mir der verdacht auf, die glocke könnte etwas mit meinem abrupten schlafende morgens zu tun haben.) ich sitze vor dem pc und staune, was die leute auf facebook dort alles mit anderen "teilen" wollen.

jaja, ich habs nun doch getan, auch wenn ich mich unter einer falschen - an frühere lebensdaten angelehnte - identität dort eingeschlichen habe. ich werd einen teufel tun, irgendwo im netz meinen echtnamen oder meinen blognick zu hinterlassen. umso mehr erstaunt es mich, dass ich binnen eines tages fünf "freunde" eingesammelt habe. zwei erkannten mich an meinem malstil. eine dritte zögerte bis ich ihr ein paar aufmunternde worte unter eines ihrer bilder schrieb, denen man vage entnehmen konnte, dass wir uns von früher kennen. zwei weitere haben gar nicht erst gefragt, sondern meine freundesanfrage bestätigt. auch wenn wiederum einer von diesen beiden noch am gleichen tag in seine "chronik" schrieb, dass er freunde habe, von denen er gar nicht wüsste, wer sie seien. das war nach seiner bestätigung. wer ich bin, hat er bis jetzt nicht gefragt.

all das bestätigt mir über fb, was ich vorher schon ahnte: die leute sammeln "freunde" zur imagepflege und kriegen nur ganz selten die sinnfrage. nächtens, wenn sie - im gegensatz zu mir, die ich vor der leinwand stehe - nichts mit sich anzufangen wissen und keinen schlaf finden, fühlen sie sich besser, wenn sich mit anderen schlaflosen diese art oberflächlich-freundlichen dialoge in ihren chroniken oder unter ihren wasauchimmer ergeben, die ihnen sagen, dass sie nicht alleine nicht schlafen können.

und jedes mal, wenn ich fb aufschlage, versuchen sie krampfhaft, etwas über mich heraus zu kriegen. was ich für bücher gelesen, filme gesehen habe und so fort. damit sie mir an der nächsten ecke irgendwelche produktempfehlungen machen und - falls ich sie anklicke - gleich noch ein bisschen mehr verdienen können. all das unter der wohlgemeinten formulierung "das könnte dir gefallen". haha.

und während ich derlei eher unterschwellige betrachtungen anstelle, ist der kaffee alle und ich merke, dass er nicht gewikrt hat. obendrein scheint alles verschwommen, was mich glauben lässt, dass die nagelneue, sauteure brille falsch angepasst wurde. die welt entzieht sich nicht nur mental, sondern auch optisch meinem zugriff.

ich mache den pc aus und gehe wieder ins bett.

mit dem känguru-manifest auf den ohren überkommt mich schließlich dieses wohlige gefühl von allgemeiner erschlaffung, wie man es kurz vor dem einschlafen hat. (was nur deswegen klappt, weil ich das manifest nun schon sicher das 20.mal höre. bei den ersten malen saß ich laut lachend im bett. kein gedanke an schlaf. ausdrücklich die beste schlafliteratur war einstens dieser astrologieprofessor, dessen name mir grad nicht einfällt. ja, im sommer 2011 habe ich ausnehmend gut geschlafen. jeweils so schnell, dass das hörbuch für den ganzen sommer reichte.)

gerade, als mir alles zu entgleiten scheint, klingelt das telefon.

nachhaltlig und dringend.

es ist die mailbox, die mit tödlicher treffsicherheit immer dann anruft, wenn ich am einschlafen bin.

sie teilt mir mit, dass sohni angerufen hat. das war gestern abend, als ich in der wanne war. ich rief ihn danach zurück.

ich schleiche wieder zurück ins bett.

schlafe beinahe wieder ein.

das telefon klingelt wieder.

ich gehe hin, weil mich der gedanke, wer das wohl gewesen sein könnte, ohnedies am einschlafen hindern wird.

es ist r.

der fragt mich, ob ich eben bei ihm angerufen habe.

ich sage "nein". und frage, was er macht.

er sagt, er sei so müde, dass er sich wieder hingelegt habe.

ich bestätige, dass es bei mir genauso sei.

eher beiläufig frage ich, ob er lust auf telefonsex hat.

er verneint. er ist zu müde für jegliche art anstrengung.

ich sage "gut, schlafen wir." und verabschiede mich.

ich nehme das telefon, lege es unter die vierfach gefaltete decke des nachbarbettes und drehe mich auf die seite.

Montag, 15. April 2013

Der lange Abschied

es gibt viele dinge im leben eines menschen; zwei jedoch sind unvermeidlich: geboren werden und sterben.

die geburt als beginn, der tod als unvermeidliches, wenn auch gefüchtetes, ende von allem. und so gehen wir auch damit um: wir feiern jede geburt und betrauern jeden tod. die zeit dazwischen verbringen wir mit dem mehr oder weniger gelungenen versuch, das beste draus zu machen und das ende zu ignorieren.

was aber ist, wenn das ende kommt? (ja, gut, es nähert sich täglich. aber meistens denken wir nicht dran.) also wenn da einer kommt und sagt: dann und dann ist es unvermeidlich soweit. jagt uns das angst ein oder eher eine beruhigende gewissheit? oder wäre es uns lieber, wenn es uns so ginge wie diesem dreißigjährigen, von dem mein zeitungshändler heute erzählte: der ging abends ins bett und wachte morgens nicht wieder auf. einfach so. blöd für die familie, klar, aber für den betroffenen? der hat doch praktisch nichts gemerkt. und schließlich ist es ja das, wovor wir beim sterben angst haben: schmerzen, langes leiden und all das. auch, wenn 30 sicherlich eine spur zu jung ist ... mir wäre es so schon lieber. ist nicht das die idealvorstellung, die wir alle haben: die oma, die irgendwann nachts einen tiefen schnaufer tut, und morgens eben nicht mehr ist. ("sie sah aus, als ob sie schläft.")

mein zeitungshändler, der weiss, wovon er redet (lungenkrebs, dritte chemotherapie in drei jahren), beharrte auf der chance zum abschied. abgesehen davon, dass ich nicht ahne, was denn man sich sagen würde, wenn es denn soweit wäre, verstand ich nicht, was er meinte, als er mehrfach sagte: und was kommt dann? (dann ist man tot, dachte ich.) bis sich herausstellte, dass er das religiöse danach meinte. ich, von derlei vorstellungen unbeleckt, meinte naiv, dass es dann doch viel einfacher sei: man sähe sich ja wieder. wozu also ein solch gewichtiger abschied?

tatsache ist, dass ich gut reden habe: nicht mir fallen die zähne und nägel von der chemotherapie aus. nicht ich bin es, die im grunde ihres herzens weiss, dass sie ihre enkel nicht mehr groß werden sehen wird.

gleichwohl: in meiner familie stirbt man an krebs, zuweilen sehr vor der zeit. und natürlich habe ich drüber nachgedacht, schon vor allerhand jahren. vielleicht habe ich genetisch keine chance, dem zu entgehen, aber ich hatte chance genug, mich kopfmäßig darauf einzustellen, dass frau kein gottverdammtes recht hat auf diese achtzig oder neunzig lebensjahre. und vielleicht kommt es ja gar nicht auf die zahl der lebensjahre an, sondern auf inhalte? wie viel zählen diese vielen abende, an denen ich vorm einschlafen zu mir sagte "Danke, lieber Gott" (an den ich nicht glaube) "für diesen normalguten Tag!"? wieviel zählt es, wenn ich heute, und zwar in vollem ernst, schon sagen kann: "ich hatte ein gutes leben"? schließlich war alles drin: ich habe geliebt, wurde geliebt, durfte das geschenk der mutterschaft erfahren, habe viele länder gesehen, viel gelernt, bin kreativ gewesen, habe verrückheiten begangen und vernünftige entscheidungen getroffen.

und wenn ich gehe, ist es egal, wann und wie. wenn ich es richtig gemacht habe, dann brauche ich keine langen abschiede, sondern habe jeden normalen abschied so gestaltet, dass die betroffenen wussten, wie wichtig sie mir waren.

Sonntag, 27. Juni 2010

Von Balkonen, Vögeln, Weckern und allerhand Zeugs

Es gibt keine besseren Zeiten im Jahr als die, in der Drinnen und Draussen verschmelzen. Wenn ich meine drei Balkontüren öffne (was natürlich nicht gleichzeitig geht, weil es sonst höllisch zieht, wenn es nicht gerade draussen so drückend ist, dass man sowieso besser alles zu lässt), dann fallen alle Grenzen weg. Man spürt die Luft, riecht den Geruch von Pflanzen und feuchter Erde oder dass die Nachbarn gerade grillen und man hört sie auch, die Nachbarn, geliebt oder nicht. Da muss man dann halt durch. (Ich habe für diesen Fall meine Kopfhörer parat, die bei Fremden regelmäßig erstaunte Blicke auslösen, ehe man begriffen hat, was denn nun eigentlich diese merkwürdigen Auswüchse da auf den Ohren da sind.)

Es ist die Zeit zum draußen-schlafen, was ich in diesem Jahr, trotz WM-Geschreie, schon mehrfach tat. Derlei Hinderungsgründe halten einen nicht ab, sondern lassen einen eben etwas später schlafen gehen. Irgendwann schließlich ist jeder Sieg, jede Niederlage zwar nicht verschmerzt, aber mindestens einer ruhigeren Ausdrucksform gewichen. Schließlich wäre es auch etwas befremdlich, für einen selbst genauso wie für Aussenstehende, würde da jemand ein Bett auf dem Balkon richten, die Welt also am beinahe-Intimsten teilhaben lassen, was der Mensch so hat. Was früher, da ich eine feine Balkonverkleidung hatte, die quasi einen Zusatzraum schuf, der einem selbst gehört, kein Problem war. Jetzt jedoch haben wir die neue Offenheit, in der mein einziger Schutz die Nacht ist. Und man muss es ja auch nicht übertreiben damit, dass man sein Irresein zur Schau trägt. Dass ich selbst die Sache keineswegs irre finde, ändert am Umstand gar nichts, denn die anderen tun es. Wenngleich ich feststellte, dass manch einer mein Tun beneidet. Mindestens, nachdem ich von einem erholsamen Schlaf an frischer Luft unter freiem Himmel mit Blick auf Mond (der vorgestrige war wundervoll) , Sterne und am Morgen die Schwalben berichtete, während sie sich in überhitzten Zimmern schlaflos wälzten.
Gestern jedoch, obwohl am Tag nicht minder heiß, war mir nicht nach draussen schlafen. Es war irgendwie zu kühl und irgendwie zu dunkel (trotz des diesmal nicht so schönen, dafür aber sehr hellen Mondes). Vielleicht lags am Gruselfilm, den ich zu später Stunde noch gesehen hatte; vielleicht auch gruselte mir vor allerlei Gestalten, die noch zu später Stunde unten vorbei schlichen. Wer weiss. Und wenn die Dinge irgendwie-zu sind, lässt man sie besser bleiben.

Ganz brav also ging ich in mein Schlafzimmer und war stolz auf die Idee, noch schnell einen Blick auf meine Weckergalerie geworfen zu haben. Denn beide waren sie in Warteposition auf „ihrer“ Weckzeit, was ein schönes Desaster gegeben hätte. Weil es ja völlig unnötig und ziemlich dumm ist, sonntags vor der Zeit wach zu werden, nur weil man das Zeugs abzustellen vergaß. Eine kleine Freude bereitete mir der kurze Gedanke, dass sie, also die Wecker, am Morgen aus vollen Rohren den Ozean um Viertel nach fünf und um sechs die Feuerwehrsirene auf mich losgelassen hatten, ohne dass ich dessen Gewahr geworden wäre. Denn auf dem Balkon hört man nichts von der anderen Seite.
Stattdessen war ich Viertel nach sechs aufgestanden, was zwar auch unsinnig blöd ist an einem Samstag, aber wenigstens freiwillig, noch dazu bei ganz echtem Vogelgesang. Denn dieses Programm hat mein Wellness-Wecker( das Ding heißt wirklich so) auch drauf: Vogelgezwitscher in der Nacht, im Regenwald, auch einen Wasserfall usf. Natürlich kann er auch ganz normal wecken, mit einem ganz normalen Weckergeräusch oder mit Radio. Aber, bitte, wenn ich das gewollte hätte, hätte ich ein billigeres Gerät seiner Gattung erwerben können. Nein, ich wollte, ganz nach Tagesstimmung, mich von der Natur wecken lassen. Und der Erfolg gibt mir Recht: Ich wache meistens viel glücklicher auf, wenn der Ozean an mein Ohr brandet. Gewitter und Wasserfälle liegen mir nicht ganz so, sind vermutlich eine Spur zu gewöhnlich, obwohl ich nicht wüsste, wo hier der nächste Wasserfall ist. Und was die Vögel angeht, ob nun die aus der Nacht oder aus dem Regenwald, da gibt es ein Problem: entweder sie sind zu leise, dass man sie ebenso überhört wie draussen die, die einen ja nicht wirklich vom Schlafen abhalten, oder aber, wenn man sie lauter stellt (denn natürlich hat dieser Wunderwecker eine Lautstärkeregelung) kriegen sie etwas Monströses. Wollten Sie von einem Riesenvogel geweckt werden, der praktisch auf Ihrer Bettdecke mit seinem Riesenschnabel lauert, dass Sie endlich wach werden?
Da sind mir die echten dann doch lieber. Man hört sie zwitschern, öffnet die Augen nur einen Spalt, sieht sie irgendwo ferne am wahlweise blitzblauen oder blaugrauen Himmel, und dreht sich noch mal um. Gestern war einer dabei, der fröhlich „Brigitte, Brigitte“ trällerte, was meine Kollegin am Montag sehr wundern wird. Von einem Brigitte-Vogel hatten wir beide noch nichts gehört. Bislang kenne ich von den sprachgewandten nur den „Zippelbart-Vogel“, dessen bürgerlicher Name mir entfallen ist.

Ich stellte also gestern, eigentlich heute (es war schließlich halb drei geworden) meine beiden Wecker aus, kuschelte mich genüsslich in meine Decke, unter der es kein Grad zu warm war (vermutlich fröstelte es mich noch vom vorher gesehen Gruselfilm) und nahm mir Max Goldt zur Hand, der mir zu frühen Stunde seinen Gedanken eröffnete, man solle sich vorstellen, dass all die Kriege, Seuchen und andere Katastrophen, die es in der Menschheitsgeschichte gab, uns nicht heimgesucht hätten. (Nicht, dass dieser Gedanke so vollkommen neu ist. Vielmehr vermute ich, jeder denkende Mensch hat ihn schon einmal gehabt mit übrigens dem gleichen Resultat.) Goldt stellt sich vor, es gäbe dann zu viele Auto fahrende Menschen, die zu viel Luft und Wasser verbrauchen und unseren Planeten zu einer einzigen Ödnis gemacht hätten. Selbst wenn ich in Betracht ziehe, dass dieser Text so ungefähr zwanzig Jahre alt ist, gehe ich davon aus, dass Goldt sich mit dem Konjunktiv vertan hat. Vielmehr gibt es schon heute zu viele … naja, Sie wissen schon.
Amüsanter fand ich die Vorstellung, dass Goldt in seiner Kindheit ein richtig kriminelles Früchtchen gewesen ist, dabei aber klug genug, mit Eintritt der Strafmündigkeit solcherlei Tun zu beenden. Weshalb er eine blitzblanke Akte hatte und zum Schöffen berufen wurde.

Das, fand ich, ist ein tröstlicher Gedanke: Man kann so ziemlich alles tun, was man will, solange man nur zur rechten Zeit damit aufhört.

;)

Sonntag, 13. Juni 2010

Zugeschnitten

Gerade eben warf ich es fort, dieses Faltblatt, das als eines von wenigen Zugang zu meiner Wohnung fand. Da verhieß mir eine - wie wahr! - selbstbewusste Schneiderin, sie wolle mich zum Regisseur meines bekleidungsmäßigen Auftrittes machen. Oder so ähnlich. Ich habs ja schon weg geworfen und kann also nicht mehr nachschauen.

Naja, ich weiss nicht, was ich mir erhofft hatte, vermutlich etwas Unmögliches. Aber die Schneidervorschläge für die Damen weit jenseits der Größe XS sahen nicht anders verboten aus als anderswo auch. Und anderswo, nehme ich an, kriegte ich das Zeugs billiger, als wenn ich mir diese Häßlichkeit auf meinen höchstpersönlichen Körper schneidern ließe.
Dass ich in der letzten Woche aus unbekannten, jedoch höchst erfreulichen Gründen 5 kg angenommen habe, würde an diesem Effekt nicht wirklich etwas ändern, weil da noch immer ca. 15 kg Überschuss sind, die die Optik nicht minder ankratzen.

Zusammen mit den unerfreulichen Betrachtungen zum Alter, die mir heut ebenfalls schon unterkamen, ist das kein sonderlich gelungener Sonntagsbeginn. Eigentlich, hätte man sich nicht schon abgefunden, ist Alter sogar noch schlimmer, weil man es sich nicht - ob nun mit Absicht oder aus Versehen - von den Rippen hungern kann. Es ist da, nimmt ständig zu und verleitet einen schlimmstenfalls zu Betrachtungen über die eigene Endlichkeit.
Dieser Tage saß ein Bekannter gleichen Alters hier und jammerte, jetzt, da seine Patentante als letzte ältere Verwandte gestorben sei, wäre ihm dies erstmals bewusst geworden. Ohje, der Glückliche , dem all die trüben Gedanken bisher erspart blieben, die ich schon längst hinter mir habe.

Sonntag also, wiedermal, diesmal mit trüben Gedanken, einer Menge Vorhaben auf der Liste und dem wachsenden Wunsch nach Krastination. Warum jetzt, warum heute? Die Leute werden sich schon melden, wenn es Zeit wird. Und sowieso ist man unter Druck ja viel besser im Tun. Das erinnert einen so an früher, als man jung war und irgendwie immer unter Druck. Damals, so schien es, brauchte man nie mehr als fünf Stunden Schlaf. Und war man einmal müde, hatte das seinen guten Grund, was ja irgendwie beruhigend ist. Man knapste sich irgendwo in der Bahn eine halbe Stunde ab und erwachte danach frisch wie Dornröschen.
Heute hingegen kann ich nicht mehr im Sitzen, ja kaum noch in einem fremden Bett schlafen. Sogar das Balkonbett, das ich mir dieser Tage, knapp vor dem großen Unwetter, wieder eingerichtet hatte, ist nicht mehr das gleiche wie noch im vorvorigen Jahr. Also schon das gleiche Bett, aber offenbar bin ich nicht mehr gleiche.

Ach, pfeif auf Vogelgezwitscher, Sonnenstrahl und steigende Temperaturen. In meinem Bett ists fein und kuschelig. Da kann ich träumen von damals, als ich noch drei Kleidergrößer leichter war und so jung ...

Sonntag, 23. Mai 2010

Sonntag

so wie im letzten bild saß ich gestern und fragte mich, was ich anfange mit diesem sonntag und dem montag hintendran und ärgerte mich, weil sich solcherart fragen in den letzten monaten und monaten stets erübrigt hatte. natürlich würde ich malen, wie ich es in all der zeit immer getan hatte. und manches würde gut werden, und anderes nicht. manche bilder würde ich über monate hüten, ehe ich sie wie andere gleich wieder verwarf. von manchen würde ich mich trennen, was ihnen dieses schicksal ersparte. aber jedenfalls würde ich immer weiter malen, und sei es nur zu dem zwecke, im tun zu lernen, immer mehr.
es gibt menschen, die sagen, ich hätte unglaubliche sprünge gemacht. und auch ich merke, wie sich mir inzwischen probleme fast von selbst erschlossen haben. und doch fühle ich mich so unvollkommen, so dilettantisch, so an der oberfläche herumwuselnd und dinge umgehend, die ich eben (noch) nicht beherrsche. immer auf der jagd nach dem erfolgserlebnis. immer vorgebend, ich würde nie das selbe zwei mal machen und doch in immer den gleichen gewässern fischend. so jedenfalls kommt es mir vor.
ich empfinde es als mangel, dass ich nicht (mehr) in öl male, und weiss doch gleichzeitig, ich könnte diese dinge, die mir so gut gelingen (wenn dies denn gelegentlich der fall ist) nie und nimmer in geduld, die man beim öl braucht, auf die leinwand bringen. ich muss jetzt oder wenigstens sehr bald das fertige resultat sehen, muss mir selbst bestätigen, ich sei gut, was auch immer das im kunstbetrieb bedeuten mag. sowieso zählt nicht der kunstbetrieb, sondern der käufer. und gerade gestern erst sagte mir jemand, dieses bild da, das begeistert in empfang genommen wurde, passe so wunderbar zur tapete.

warum, frage ich mich, mache ich mir so viele gedanken, wenn es letztendlich nur darum geht, den passenden farbklecks zur tapete oder zur couch zu setzen, bestenfalls darum, etwas zu machen, das große augen hat und süß ist und jeder sich an seine wand wünscht? was überhaupt will ich? gefällig (=verkäuflich) malen? oder habe ich einen künstlerischen anspruch? wenn ja, welchen? (wenn ich denn einen habe, warum weigere ich mich so vehement, selbst interpretationen abzuliefern? es wäre der vermarktung durchaus dienlich, würde ich mir zu jedem bild eine geschichte ausdenken. oder sind da in wahrheit geschichten da, die ich denke, während ich male, und ich mag sie nur mit niemandem teilen? was überhaupt ist kunst ohne botschaft? oder bin ich so überheblich zu meinen, jeder müsse meine botschaft ganz von selbst und folgerichtig erkennen?)

das gestrige bild wurde übrigens erstaunlich begeistert aufgenommen von einigen künstlerkollegen. hernach kamen die, die ärgerlich konstatierten, dass ihnen das auch hätte einfallen können: mit so wenigem aufwand solch erstaunlichen ausdruck zu produzieren. das hätten sie auch gekonnt, wenn es ihnen denn nur eingefallen wäre.
und ungefähr so läuft es im gesamten kunstbetrieb. vielleicht liegt es daran, dass manche sich schon lange nicht mehr mit den anderen abgeben, ihr ding machen und irgendwann nur noch das malen, was sich verkauft. denn darum geht es ja irgendwie. kunst um der kunst willen verschafft einem nichts anderes als ein platzproblem und bei der entsprechenden prädisposition ein abgeschnittenes ohr.


draussen scheint die sonne, zwitschern die vögel. durch den boden dringt das dumpfe stampfen des schlagzeugs der freien gemeinde unter mir, die also gott mit dumpfem stampfen preist. die glocke der nicht ganz so freien christen läutet wieder und wieder.
und ich frage mich, ob so eine portion schwermut wider alle günstigen äusseren einflüsse für meine entwicklung als künstler nun gut ist oder eher nicht. (im fortgeschrittenen stadium werde ich mich fragen, ob ich überhaupt einer bin; einbilden kann man sich vieles.)

Samstag, 13. März 2010

Dilemma

Hier las ich eine Geschichte, die mich mehr aufgeregt hat, als mir zunächst bewusst war.

Zunächst fand ich nur die Fragestellung, wer denn da wohl am Verwerflichsten gehandelt hat, in sich einigermaßen fragwürdig. Dann, bei näherer Betrachtung, boten sich mir noch eine Vielzahl anderer Lösungsmöglichkeiten an, als es dort dargestellt war.

Warum hat Eva nicht ihre ganze Nachbarschaft mobilisiert, um Erik klar zu machen, dass jeder mal Hilfe braucht (er selbst eventuell auch) und dafür nicht immer, schon gar nicht so amoralische, Gegenleistungen fordern kann?

Warum hat Eva nicht Erik selbst geschickt, um ihrem Lover zu helfen?
(Mit der gleichen Begründung.)

Wie überhaupt kommen Krokodile in eine offenbar nordische Gegend? (Die Namen sind ja nun unverkennbar.)

Warum hat Eva nicht auf dem gleichen Weg, wie sie von Per über seine Krankheit informiert wurde, Sven - der ja auf der richtigen Flussseite schon war - informiert und zu ihm geschickt?

Warum überhaupt fand sie das Anliegen so dringlich, da ihr Per ja offenbar ein charakterloses Weichei ist?

usw. usf.

Aber am allermeisten hat mich an der Sache geärgert, dass Eva - wie so oft in der Geschichte - als hilfloses Weibchen dargestellt wurde, die völlig kopf- und hirnlos zu einem Kerl eilt, und zwar bei Entrichtung eines offenbar unverdienten hohen Preises, um sich eine Erkenntnis einzusammeln, die ihr schon vorher hätte klar sein müssen: Der Blödmann ist das nicht wert! Warum hat sie nicht hernach, als ihr diese Erkenntnis schmerzhaft eingehämmert worden ist, den Sven genommen, dem ganz klar etwas an ihr lag (Ein Kerl hätte das so gemacht.) und mit ihm zusammen den Mord vertuscht? (Per hätte ja einfach seiner "schweren" Krankheit erlegen gewesen sein können.)

Und warum überhaupt stellen wir Moralfragen in einer Welt, die bekanntermaßen aber auch nicht einen Hauch von moralisch ist? (Es sind immer die Unmoralischen selbst, die wollen, dass unsereiner die Moral wahrt, die sie selbst nicht einmal in Ansätzen beherzigen.)

Mittwoch, 10. März 2010

Gott hat einen Plan,

hörte ich (ich sag nicht, von wem) und meine erste sozusagen Spontan-Reaktion war: "Aber das hätt´ ich doch gemerkt!".
Die zweite, schon sehr viel verhaltenere (dafür umso entsetzere) war: Wenn das wahr ist, dann ...

Die drei Pünktchen möchte ich jetzt bitte nicht ausführen müssen; daran sind schon gläubigere Geister als ich gescheitert. Sie kamen aus Kriegen, KZs, Erdbebengebieten und Kindesmissbrauchsverhandlungen als Ungläubige wieder heraus.

Und auch ich Atheistin, die ich nicht an diesen gütigen Herrn mit weissem Bart oben auf der weissen Wolke glaube, sondern einfach nur glauben möchte, dass etwas auf dieser Welt gut und richtig, aber jedenfalls gerecht ist, scheitere am Gedanken an ebendas.

Lieber Gott (den es nicht gibt), mach, dass all diese Sch schlechten Dinge auf dieser Welt nicht von irgendwem gemacht sind (auch nicht vom Menschen, bitte schön), sondern einfach nur Zufall oder so. Müsste ich glauben, dass ein Plan dahinter steckt, würde ich an dieser Welt, dem Plan und dem Gott, der all so etwas macht, schier verzweifeln.

Freitag, 18. Dezember 2009

Mein Jahr mit mir

Es ist die Zeit der Jahresrückblicke, unter denen sich jeder den raussucht, den er mag. Ich mag keine und bin deswegen nahezu zwangsläufig gelandet bei dem von Max Goldt (diese Woche Beilage der ZEIT), der meine Abneigung teilt und deswegen ganz eigen mit dem Thema umgeht. Weit davon entfernt, hier irgendwas von Max Goldts Jahr mit sich zitieren zu wollen (nur so viel: ich sitze nicht sonderlich oft lachend auf dem Klo; irgendwie sollte man den Dingen ja den nötigen Ernst zukommen lassen), fühle ich mich ermutigt, auf mein eigenes Jahr zurück zu blicken.

Irgendwo bei Nr.13 und Frau Steeger (die keiner ausser mir assoziierte) fing es an. Noch sehr simpel, wie ich heute sehe. (Damals fand ich mich toll. Ich hatte gerade Licht und Schatten entdeckt und wunderte mich, dass nicht alle anderen diese meine glückliche Erkenntnis teilten. Während ich also Grau- und Weisstöne mischte, schrien sie immerfort nach etwas Rotem.)

Bei jenseits der Nr.20 malte ich in Acryl und auch mehr oder weniger schön rot. (Nein, nein, in Wahrheit entstand in dieser Zeit eines meiner schönsten Bilder, auch mit Rot, aber jedenfalls schön stimmungsvoll.) Wie im Nebensatz stellte ich fest, dass ich jetzt und für lange Zeit lieber malen als schreiben wollte. Ich hatte auf dieser Schreibplattform einige wenige Gutschreiber gesehen, viele schlechte, manchen Möchtegern und Wichtigtuer und fand das Gerangel um Sternchen und wohlmeinende Kommentare zunehmend albern. (Erst dieser Tage schaute ich wieder dort vorbei und fragte mich, warum so viele sich nicht dabei langweilen, das Gleiche Jahr um Jahr zu wiederholen.)

Zwischen Nr.20 und 30 gabs einige Interessenten für meine KUNST (dass eines hiervon als Anhängsel eines größeren Formats erst Monate später und mehr aus Zufall entdeckt wurde, schreibe ich nicht nur als Kuriosum, sondern auch Beweis, dass man vielleicht doch noch unbekannte Werke großer Künstler finden könnte.), jenseits der Nr. 30 die ersten Verkäufe und auch erste Anflüge von Größenwahn. Ich hörte, nur wer ausstellt, könne einen gewissen Grad an Bekanntheit erlangen, was für den Verkauf der Werke unerlässlich sei. Und irgendwann kommt man nicht umhin zu verkaufen, will man nicht in dem Zeugs ersticken. Dank einer gewissen Selbstüberschätzung fing ich an, mit Leuten übermeine Bilder zu reden und erfuhr, wo man am Besten und Einträglichsten ausstellt.

Die bildende Kunst, so viel sei hier mal festgestellt, ist ein träges Konstrukt. Man braucht Jahre, um irgendwo hin zu kommen. Nicht nur wegen der Notwendigkeit der eigenen Entwicklung (bis dahin malt und malt und malt man, verwirft dies und das, übermalt, hat seltene Gefühle von Glück, die man Monate später womöglich nicht mehr versteht, weil man es so heute nicht mehr machen würde, und spricht viel zu wenig mit den Leuten, die man notwendig brauchen würde, um auch den größten Schrott "an den Mann zu bringen"), sondern auch, weil alle geeigneten Räumlichkeiten zumeist auf lange Zeit hin ausgebucht sind.

Ich hatte rote und blaue Phasen und die Erkenntnis, dass diese Resultat einer gewissen (notwendigen) Sparsamkeit sind: Ist die Farbe einmal auf der Palette, will sie auch aufgebraucht werden und soll nicht sinnlos vertrocknen. Ich schätze, dass ging den alten Meistern nicht anders, weshalb man im Nachhinein den Kult um diese "Phasen" vielleicht nicht übertreiben soll. Übrigens kann so eine Phase ewig dauern, da man ja mit den Restern nie ein ganzes Bild fertig kriegt und deshalb wieder neu auflegen muss, was zwangsläufig neue Rester nach sich zieht. Ich schätze, van Gogh hatte dieses Problem eine Zeit lang mit Gelb und auch mit Blau.

Übrigens malte ich den ersten van Gogh irgendwo bei Nr.40, verzichtete dabei absichtlich auf das leidige fahle Gelb und verwendete stattdessen ... viel Rot. Ich erkannte, dass van Gogh ein fleissiger Mann war und mein Stil, falls ich denn jemals einen eigenen haben würde, sehr anders.

Obschon sehr fleissig, entdeckte ich zuweilen auch Züge von Ungeduld an mir. Das war die Zeit der abstrakten Bilder, die mich lehrte, dass abstrakt immer (zumindest, was mich angeht) ein Resultat eines gewissen Nichtkönnens ist. Wenn man eine Vorstellung hat und dabei an den Rand seiner Fähigkeiten stösst, kann es leicht passieren, dass der Pinsel oder Spachtel oder was man gerade in der Hand hält, unkoordiniert über die Leinwand fährt. Im günstigsten Falle kann man hernach konstatieren, dass das Ergebnis gar nicht so schlecht aussieht.

Jenseits der Nr.40 entdeckte ich nackte Körper und wie man ein Arschgrübchen malt und später vorn und hinten (was nichts mehr mit den Nackten zu tun hatte, die ich auch heute noch nicht als mein Metier betrachte). Perspektiven wurden interessant und das Thema Licht und Schatten neu aufgelegt. Bilder, in denen beides zusammen auftritt, betrachte ich auch heute noch als die größte Herausforderung und Kunst. Erst wenn eine flache Leinwand Raumtiefe kriegt, ist etwas ein Bild, denke ich.

Bevor ich sommerlich in Folie verpackt wurde (das Haus war eingerüstet bis zum Herbst, was wir aber damals noch nicht wussten), malte ich noch einen van Gogh, diesmal tatsächlich gelb, lernte noch mehr über Schatten und nahm an, das dies der letzte dieser Art sein würde. Ich wagte mich an Gesichter, versetzte Augen in Glanz, lernte die Wirkung vieler schwarzer und weisser Stricke kennen, erholte mich bei weiteren Nackten, warf ein Getreidefeld als Geschenk zum Hochzeitstag hinterher (kein van Gogh, obwohl es einer hätte sein können; die vielen zarten Striche gingen mir inzwischen sehr viel leichter von der Hand, auch wenn ich sie weniger als Kunst, denn als Fleissarbeit verstand).

Ich entdeckte erst die neue amerikanische Schule, dann die neuen Leipziger und lernte, dass es eine Kunst sein kann, einfach eine Wand zu malen. Ich kann es bis heute nicht, arbeite jedoch immer wieder einmal dran. Zumindest begriff ich, dass Licht weiss ist und Wellenkämme auch, dass Ungenauigkeit zuweilen mehr Aussagekraft besitzt als das Genaue und dass man für einen wirklichen Eindruck ein paar Meter von der Leinwand weg gehen muss. (Seither betrachte ich meine Bilder regelmässig vom Balkon aus.)

Jenseits der Nr.100 wurde mir klar, dass man sich entscheiden muss, ob man gefällig oder aber anspruchsvoll malen will. Nicht alles, was gefällt, ist auch gut. Nicht alles, was technisch gut ist, würden sich auch Leute an die Wand hängen. Und jenseits der Nr.120 habe ich gelernt, dass Bilder verschenken nur dann Sinn macht, wenn vorher Gefallen erklärt wurde. Unsere Vorstellung von Bildern und davon, wie sie zu Menschen passen, decken sich häufig nicht mit ihren eigenen.

Um die gleiche Zeit bin ich in einem Kunstforum gelandet, wo wieder das Spiel mit den Sternchen und Gefälligkeits-Lobhudeleien begann. Dort lernte ich, dass Kunst weder anspruchsvoll, noch schön sein muss, dafür aber provokant. Zum Glück gibt es aber doch noch ein paar, die auch einfach nur gut malen, so wie ich es verstehe.

Ich versuchte mich im Aquarellmalen und scheitere noch immer an Gesichtern, auch wenn Modigliani mir bewies, dass sie nicht schwer sein müssen und sogar Ausdruck haben können, wenn man einen Fineliner benutzt.

Das neue Jahr wird beginnen, nehme ich an, wie das alte endete: Mit einem Bild, diesmal vermutlich Acryl. Ich werde weiter lernen und irgendwann auch in der Kunstszene ankommen, meinen Stil und meinen Platz finden. Sag ich jetzt mal ganz kühn.

Freitag, 20. November 2009

Übrigens

Malen kann jeder ...lernen.
Sofern er nur geduldig genug ist.

Ich hasse es, wenn die Dinge zu lange dauern!

Dienstag, 1. September 2009

Hüpfen

Eine Freundin regte heute an, ich solle über die Jugend schreiben, was mir doch als Thema recht weit gefasst schien. Als Erläuterung redete sie dann etwas von Häschen, Hüpfen und großen Spiegeln, was mich vollends verwirrte.
Schnell erkannte ich, dass ihre Assoziationen und die meinen, was Jugend angeht, doch reichlich auseinander driften. Auch die mit gesandte Musik, die sie mit einer Geste anbot, als wäre sie sicher, dass mir DAS auf jeden Fall zusagen müsse, war nicht sehr hilfreich. Sie weiss doch, dass ich sehr andere Musik liebe als sie.


Ich jedenfalls erinnere mich noch gut genug, um zu wissen, dass ich als junger Mensch Spiegel hasste (das tue ich noch heute!) und niemals jenseits des Alters von acht Jahren gehüpft bin. Ich hätte das albern und zutiefst beschämenswert gefunden. Und, genau genommen, fand ich Jugend so ganz und überhaupt nicht toll. Ich hatte das Gefühl, alle Welt blickt auf mich herab, was nicht zuletzt auch der Verdienst meiner drei älteren Geschwister war, die immer alles, was für mich neu und toll war, schon gesehen, erlebt und gefühlt hatten.
Irgendwie machte es nicht den Eindruck, als sei mein Leben etwas Besonderes, sondern vielmehr eine Wiederholung von lauter schon da gewesenen Sachen. Ein Eindruck, der sich mit den Jahren mehr und mehr verstärkte. Es stimmte ja, alles WAR schon einmal da gewesen.


Und dennoch war ich jung, irgendwann, mit dem diesem Alter eigenen Bedürfnis, ANDERS sein zu wollen, was mich dazu trieb, mehr und mehr verrückte Sachen zu machen. Die eigentlich kaum jemand aus meiner erwachsenen Umgebung mochte. Was mir zutiefst richtig schien, besonders, weil auch meine Geschwister (diese inzwischen schrecklich erwachsenen und in Ansätzen versnobten Menschen ) mich nicht mehr begriffen. Es schien eine Erleichterung, dieses langjährige „jaja, bei mir damals …“ abgeschüttelt zu haben.

Wenn es eine Spielregel in meinem Leben gab, dann die, nicht so sein zu wollen, wie SIE damals waren.


Häschen hatte ich fünf. Als Haustiere. Für meine Kinder. Die Hälfte von ihnen, den Häschen, nicht den Kindern, entpuppte sich sehr bald als ausgewachsene Wilde, die in einem Stadthaushalt nichts verloren hatten. Wir mussten uns von ihnen trennen. Die andere Hälfte segnete das Zeitliche, woraus ich lernen konnte, dass ich nicht für Häschen oder sie nicht für mich geschaffen sind. Jeder von den Fünfen hat uns mehr oder weniger Tränen gekostet und darüber hinaus die Sorge, wie ich ES den Kindern beibringen sollte.

Seit den Häschen und den Kindern weiss ich, dass Verantwortung ein Glück, aber auch eine Last ist, die einen drücken und manchmal schier er-drücken kann. Und manchmal dachte ich, bei den Kindern und den Häschen, dass ich gerne wieder jung wäre; so jung wie damals, als andere für mich die Verantwortung trugen (vermutlich war ich eine schlimme Last!) und ich einfach DA war, ohne mir groß Gedanken zu machen über was auch immer. (Später habe ich mir immer Gedanken gemacht, über alles Mögliche und war eigentlich immerzu am Denken und Mir-Sorgen-machen.)


Seit ich keine Häschen, keine Kinder und keinen Mann mehr zu versorgen habe, geht’s mir besser. Mit mir selbst komme ich ganz gut klar. Ich kenne mich und weiss, was ich mir zumuten kann. Und wenn ich einmal traurig bin, liegts an keinen Häschen oder Männern, manchmal an den Kindern, die sich ja nicht in Luft aufgelöst haben, aber meistens an Sachen, die nicht so wichtig sind. Und bei denen kommt es darauf an, ob ich sie WICHTIG NEHME. Ich arbeite daran, genau das nicht zu tun, und es gelingt mir immer besser.

Vielleicht liegt das an dieser Sache, die meine Freundin vorhin auch noch erwähnte: Sie meinte, es ginge ihr nicht so wirklich um die Jugend, sondern um … irgendwie … Vergänglichkeit. Stimmt: Warum Zeit vergeuden mit unwichtigen Dingen?

Im Wetterbericht haben sie gesagt, dass es vielleicht der letzte richtige Sommertag sein wird. Ich bin auf dem Balkon, freue mich, dass ich mir den Luxus der Teilbeschäftigung und endlich diesen Laptop gegönnt habe, höre Musik über den Funkkopfhörer.

I GOT THE MUSIC IN ME!

Und ich HÜPFE!

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