Hüpfen

Eine Freundin regte heute an, ich solle über die Jugend schreiben, was mir doch als Thema recht weit gefasst schien. Als Erläuterung redete sie dann etwas von Häschen, Hüpfen und großen Spiegeln, was mich vollends verwirrte.
Schnell erkannte ich, dass ihre Assoziationen und die meinen, was Jugend angeht, doch reichlich auseinander driften. Auch die mit gesandte Musik, die sie mit einer Geste anbot, als wäre sie sicher, dass mir DAS auf jeden Fall zusagen müsse, war nicht sehr hilfreich. Sie weiss doch, dass ich sehr andere Musik liebe als sie.


Ich jedenfalls erinnere mich noch gut genug, um zu wissen, dass ich als junger Mensch Spiegel hasste (das tue ich noch heute!) und niemals jenseits des Alters von acht Jahren gehüpft bin. Ich hätte das albern und zutiefst beschämenswert gefunden. Und, genau genommen, fand ich Jugend so ganz und überhaupt nicht toll. Ich hatte das Gefühl, alle Welt blickt auf mich herab, was nicht zuletzt auch der Verdienst meiner drei älteren Geschwister war, die immer alles, was für mich neu und toll war, schon gesehen, erlebt und gefühlt hatten.
Irgendwie machte es nicht den Eindruck, als sei mein Leben etwas Besonderes, sondern vielmehr eine Wiederholung von lauter schon da gewesenen Sachen. Ein Eindruck, der sich mit den Jahren mehr und mehr verstärkte. Es stimmte ja, alles WAR schon einmal da gewesen.


Und dennoch war ich jung, irgendwann, mit dem diesem Alter eigenen Bedürfnis, ANDERS sein zu wollen, was mich dazu trieb, mehr und mehr verrückte Sachen zu machen. Die eigentlich kaum jemand aus meiner erwachsenen Umgebung mochte. Was mir zutiefst richtig schien, besonders, weil auch meine Geschwister (diese inzwischen schrecklich erwachsenen und in Ansätzen versnobten Menschen ) mich nicht mehr begriffen. Es schien eine Erleichterung, dieses langjährige „jaja, bei mir damals …“ abgeschüttelt zu haben.

Wenn es eine Spielregel in meinem Leben gab, dann die, nicht so sein zu wollen, wie SIE damals waren.


Häschen hatte ich fünf. Als Haustiere. Für meine Kinder. Die Hälfte von ihnen, den Häschen, nicht den Kindern, entpuppte sich sehr bald als ausgewachsene Wilde, die in einem Stadthaushalt nichts verloren hatten. Wir mussten uns von ihnen trennen. Die andere Hälfte segnete das Zeitliche, woraus ich lernen konnte, dass ich nicht für Häschen oder sie nicht für mich geschaffen sind. Jeder von den Fünfen hat uns mehr oder weniger Tränen gekostet und darüber hinaus die Sorge, wie ich ES den Kindern beibringen sollte.

Seit den Häschen und den Kindern weiss ich, dass Verantwortung ein Glück, aber auch eine Last ist, die einen drücken und manchmal schier er-drücken kann. Und manchmal dachte ich, bei den Kindern und den Häschen, dass ich gerne wieder jung wäre; so jung wie damals, als andere für mich die Verantwortung trugen (vermutlich war ich eine schlimme Last!) und ich einfach DA war, ohne mir groß Gedanken zu machen über was auch immer. (Später habe ich mir immer Gedanken gemacht, über alles Mögliche und war eigentlich immerzu am Denken und Mir-Sorgen-machen.)


Seit ich keine Häschen, keine Kinder und keinen Mann mehr zu versorgen habe, geht’s mir besser. Mit mir selbst komme ich ganz gut klar. Ich kenne mich und weiss, was ich mir zumuten kann. Und wenn ich einmal traurig bin, liegts an keinen Häschen oder Männern, manchmal an den Kindern, die sich ja nicht in Luft aufgelöst haben, aber meistens an Sachen, die nicht so wichtig sind. Und bei denen kommt es darauf an, ob ich sie WICHTIG NEHME. Ich arbeite daran, genau das nicht zu tun, und es gelingt mir immer besser.

Vielleicht liegt das an dieser Sache, die meine Freundin vorhin auch noch erwähnte: Sie meinte, es ginge ihr nicht so wirklich um die Jugend, sondern um … irgendwie … Vergänglichkeit. Stimmt: Warum Zeit vergeuden mit unwichtigen Dingen?

Im Wetterbericht haben sie gesagt, dass es vielleicht der letzte richtige Sommertag sein wird. Ich bin auf dem Balkon, freue mich, dass ich mir den Luxus der Teilbeschäftigung und endlich diesen Laptop gegönnt habe, höre Musik über den Funkkopfhörer.

I GOT THE MUSIC IN ME!

Und ich HÜPFE!
NoXxLynXx - 1. Sep, 19:30

so so. du hüpfst?

auf deinem balkon? tja, ich hüpfe nicht, ich tanze (ok, da's keiner gesehen hat, kann auch keiner protestieren)
jedoch finde ich die beschreibung deiner jugend recht beschwerlich. richtig anstrengend. da war ich dann wohl eine echte schwester hüpf-fuß dagegen.
häschen hab ich auf meinen nacht-shirts aufgedruckt, lebende wären mir da zu anstrendend (umhängen? antackern? und erst das gewimmel im bett, nein danke)
du liebe zeit!
es gab bestimmt mal ne phase in meiner jugend, wo ich gewimmel im bett und so weiter....
aber eben DAS wollte ich sagen.
und wenns nur für ein paar minuten ist, schön isses doch. sich mal zu erinnern. so rein ober-cool-wahnsinns-gefühls-mäßig.
:)

erphschwester - 1. Sep, 19:34

eben das

wollt ich sagen: wo steht geschrieben, dass derlei befindlichkeit nur und ausschließlich in der jugend stattfínden soll? so betrachtet war meine "beschwerliche" jugend ja durchaus nützlich.
NoXxLynXx - 1. Sep, 19:43

es steht in meinem hirn geschrieben

und ich wette in deinem auch.
so ohne an morgen zu denken, völlig losgelöst von allem nur wild kreischend zu leben, nein, das kann jeder mensch (sofern mit einem irgendwie funktionierenden hirn versehen) nur in einer ganz kurzen phase.
ein echter schlag auf eben dieses durch allerlei substanzen (der bewusstseins-dämmenden art) könnte hilfreich sein, beim zurückfallen ins jugendliche heitere lebens-gefühl.
wäre nix für mich.

erphschwester - 1. Sep, 19:53

tut mir leid,

ich muss widersprechen.
die unbeschwertheit der jugend ist oft nur scheinbar. in wahrheit stecken da allerhand sorgen drin. mit zunehmendem alter jedoch kann man sich, und zwar aus gutem grunde, fragen: was kann mir schon geschehen?
und der sex ist zwar wilder und häufiger, aber auch nicht wirklich besser.
NoXxLynXx - 1. Sep, 19:57

eben, mit zunehmenden alter

fragt man sich son zeug wie: was kann mir geschehen.
sage ich doch. man fragt und fragt sich.
die ganz jungen tuns einfach.
ok, manchmal.
und manchmal sind ihre probleme (die keine sind) so riesengroß, dasses ihre kleinen, wilden herzchen bricht.
warum auch nicht.
muss alles mal sein.
ich vergöttere die jugend nicht, auch nicht im nachhinein.
ich sage nur, und das gehe ich keinen zentimeter von ab, nur ganz jung kann man dieses ganz bestimmte gefühl OHNE es herbei zu schwätzen erleben.

erphschwester - 1. Sep, 20:01

werdich

mich jetz mit dir streiten?
ich fand älter werden immer schöner; vielleicht, weil mir diese völlige gedankenlosigkeit nie gelegen hat. aber du liebst das ja.
NoXxLynXx - 1. Sep, 20:05

ja!

ich fliege gerne mit dem wind.
:)

erphschwester - 1. Sep, 20:13

hehe,

diesem unwetterzeugs, von dem wir kopfweh kriegen?
NoXxLynXx - 1. Sep, 20:17

ich nicht, nein.


erphschwester - 1. Sep, 20:19

neja,

is klar.
NoXxLynXx - 1. Sep, 20:20

du wirst mir doch wohl

einen aggregat-zustand der welt gönnen, der mich nicht erschlägt?

erphschwester - 1. Sep, 20:24

dir

gönn ich alles, was du selber willst. warum auch nich?
NoXxLynXx - 1. Sep, 20:26

erfreulich!

jaja gönn mir ganz viel.
das kann ja nur nutzen.

erphschwester - 1. Sep, 20:28

ja, klar!

das kostet ja nix, das gönnen.
NoXxLynXx - 1. Sep, 20:58

woher willst du das denn wissen?

nachher hört dich der (große kosmische) kasper oder whatever da rum hockt und grinst und nimmt dein "gönnen" und gibts mir.
:)

erphschwester - 1. Sep, 21:00

klar,

würds dir auch selber geben, ohne kasper.
NoXxLynXx - 1. Sep, 21:07

und was soll ich

da noch drauf sagen?
:)
:)
:)

erphschwester - 1. Sep, 21:11

pas

ta!
pathologe - 2. Sep, 06:55

Huepfen?

Karnickel? Spiegel?

Gut, rumgehuepft bin ich bestimmt auch frueher mal, aber das ist inzwischen lange her. Zur Zeit huepft hier eine durch die Wohnung, Jugend halt.

Karnickel? Wir waren ein haustierfreier Haushalt, begruendet darin, dass die Obrigkeit die Meinung vertrat, ein Haustier sei zwar was Nettes, die endgueltige Verantwortung nach der Einspielzeit laege aber dann doch bei der Elternschaft und nicht bei den Kindern, was dann den abschlaegigen Ausschlag gab. Spaeter, im eigenen Erwachsenenalter, teilten dann zwei Katzen das Reich.

Spiegel. Eine Notwendigkeit zur Eigenrestauration, aber kein Muss, um sich immer wieder zu betrachten. Einmal am Tag sollte reichen.

erphschwester - 2. Sep, 14:05

siehste, herr dokter,

und das nächste mal reden wir MIT den damen und nich erst dann, wennse schon wech sin.

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