Geschichten aus dem Lande und der Welt
Mit der Weisheit das ist so eine Sache. Sie will und will nicht einfach so gerufen werden und kommt dann. Auch in der Schule und Uni kriegt man sie nicht. Man erwirbt sie sich gemeinhin im Laufe eines langen, langen Lebens. Ein wenig Klugheit kann dabei nicht schaden.
Umso merkwürdiger, dass man den Titel Weiser erwerben kann. Einfach so. Weil man irgendwann zur rechten Zeit am rechten Ort war und eine Belanglosigkeit sagte, die jemand anderer, der noch unverständiger war als man selber, furchtbar beeindruckend fand.
Erstaunlich viele von diesen Schein-Weisen haben wir hier in unserer Republik.
Wie viele, das sehen wir in der letzten Zeit, wo allerhand von ihnen aus ihren Löchern kriechen und orakeln. Über Sachen, bei denen es nicht den Hauch einer Glaskugel braucht, um sie sich vorzustellen.
Der Herr Franz z.B. (es macht nichts, wenn Sie den nicht kennen; ich tus auch nicht) ist der Meinung, die Abwrackprämie war eine ganz eine dumme Idee, die wir nächstens werden mit einer Steuererhöhung bezahlen müssen. Wir, das sind die, die ganz gewiss keine Millardengeschenke an Banken als Belohnung für ihre hochspekulativen Geschäfte gemacht hätten. Wir sind eher so die, die aus ebendiesen Banken schon mal ohne Kredit wieder heim geschickt werden, weil es zu riskant ist, unsereinem ein Häuschen zu finanzieren (ich denke mir, die wissen, warum das so ist;). Wir, das sind die, die gerne mal diesen ganzen Schmodder finanzieren dürfen, den sich so ein Hinz und Kunz oder Weiser in die eigenen Taschen gewirtschaftet hat.
Und übrigens WIR sind die, die für alles, was ihnen einst zugute kam, hinterher ein Vielfaches bezahlen müssen (häufiger aber noch für das, was anderen zugute kam), während die anderen mit Bewährungsstrafen und Freigang davonkommen.
Es werden halt immer die Gleichen ausgeguckt.
erphschwester - 25. Jun, 19:19
"Jaja, jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist ...", pflegte meine Mutter nicht selten zu sagen. Und meinte damit, dass man hernach leicht behaupten könne, eine Sache müsse nun und jetzt gleich in Ordnung gebracht werden, statt dass man vorher dafür gesorgt hätte, dass sie gar nicht erst passieren.
Nun will ich ja nicht behaupten, dass Herr Middelhoff allein den Karstadt-Konzern in den Ruin geritten hat. Da waren, wie wir früher oder später erfahren werden, sicherlich noch einige andere, ebenso hochkarätige Herrschaften, mit im Spiel. Aber hernach so zu tun, als täte man was ... das ist doch echt blöd!
Nochzumal wir wissen, dass diesen Hochkarätern irgendwie immer nie so wirklich viel passiert. Sie stürzen Tausende und Zehntausende in allerhöchstes Unglück und kommen mit einem blauen Auge davon, über das sie sich dann stets noch schwer beleidigt geben. Weil ... sie sind ja die Leistungsträger in dieser Gesellschaft.
Dabei, machen wir uns doch nichts vor: Wenn ein Herr Middelhoff (oder wie auch immer die Herrschaften noch heissen mögen) mal einen Tag nicht auf Arbeit gegangen ist, hat Karstadt trotzdem aufgemacht. Bei eigentlich sehr vielen Chefs fällt es nicht auf, wenn sie nicht da sind, auch wenns mal ein bisschen länger dauert. Höchstens in der Buchhaltung, weil alles ein bisschen sparsamer vonstatten gegangen ist.
Herr Middelhoff also, um mal zum Eigentlichen zu kommen, war ganz rein zufällig und vollkommen unbeabsichtigt zusammen mit seiner Frau Eigentümer eines Immobilienfonds, der noch viel, viel zufälliger Wahnsinnsmieten von Karstadt einnahm.
Nicht, dass mans nicht gewusst hätte. Da wurde auch schon mal in der Hauptversammlung drüber gesprochen und Middelhoff verkündete, dass Karstadt stets und immer die erste Geige für ihn spiele.
Wers glaubt!
In Wahrheit wird jeder froh gewesen sein, dass der Herr Middelhoff im Middelpunkt stand und nicht er selber. Weil - siehe oben - da werden sich sicherlich noch andere gütlich getan haben. Über die man (noch) nicht spricht.
Nun jedenfalls interessiert sich die Staatsanwaltschaft, wegen Veruntreuung, für Middelhoff.
Und ich frage mich, was das fürn blödes Wort ist. Ich denke mal, der Herr Middelhoff ist sich selbst zu allen Zeiten ganz dolle treu geblieben.
erphschwester - 12. Jun, 19:19
Die Republik dümpelt so vor sich hin. Was erstaunlich ist, da wir uns ja irgendwie im Wahlkampf befinden. Oder dümpelt sie nicht und wir merkens nur nicht?
Wer kann es wissen, da ja auch die Experten lange Zeit schwiegen. Verhaltenheit breitete sich aus in den Kreisen derer, die in besseren Zeiten die reinsten Plappermäuler waren. Sie kommen erst langsam wieder in Form und lassen uns immer öfter in großer Ratlosigkeit zurück.
Nicht, dass das nicht früher schon der Fall gewesen wäre. Allerdings waren sie sich früher öfter einig über die Art und das Ausmaß der Maßnahmen, die zwingend durchzusetzen seien, um Schlimmeres zu vermeiden. Die Frage "Schlimmeres für wen?" stellte sich dabei nie. Während sie vorspiegelten, unser aller Wohl bei der Erteilung ihrer Ratschläge im Auge zu haben, mußte doch jedem mit mindestens durchschnittlichem Intellekt Begabten klar sein, dass es sich hierbei um das Wohl eines ganz bestimmten Klientels und keinesfalls der Mehrheit handelte.
Schwamm drüber!
Wer redet jetzt noch davon, dass die Vielzahl der vermeintlich gut gemeinten und schlecht getanen Ratschläge erst die Misere herbei führte? Denn natürlich wurde alles falsch verstanden, nur halb oder gar nicht umgesetzt. Und sowieso sind am Ende immer nur die anderen Schuld, nie, aber auch nie so ein Experte. Wie auch immer man zu solch einem Titel kommen mag.
Gerade eben sind sie, die Experten, aus ihrer Schockstarre erwacht und irren durch die Gegend wie die aufgeschreckten Hühner auf dem Bauernhof. Die einen gackern dies, die anderen das. Und unsereiner, der gut daran täte, dieses Geschrei überhaupt nicht zur Kenntnis zu nehmen, kommt nicht umhin, genau das zu tun. Denn es steht zu befürchten, dass irgendwer von diesen aberwitzigen, jämmerlichen Gestalten am Ende tatsächlich Gehör findet im Angesicht derer, die unser aller Wohl und Wehe in den Händen halten.
Wir hören also hin.
Das Thema Arbeitslosigkeit bewegt uns mehr denn je. Schlechte Zeiten, wie sie nun ganz ungeahnt über uns herein gebrochen sind, sind schlechte Zeiten hauptsächlich für jene, die noch von eigener Hände Arbeit leben oder aber dahinvegetieren.
Wir hörten Herrn Blum, der den Frauen das Kinderkriegen empfahl, während gleichzeitig eine europaweite Studie herausgefunden hat, dass in Deutschland die Arbeitslosigkeit am wenigsten geschlechtsspezifisch ist. Das soll anders werden.
Wir hören Herrn Franz, Wirtschaftsweiser, der die konjunkturelle Abwärtsbewegung für zum Stillstand gekommen hält. Auch wenn dies noch nicht auf den Arbeitsmarkt durchgeschlagen habe, sei doch mit weitaus weniger Arbeitslosen zu rechnen als ursprünglich befürchtet.
Und wir hören den Herrn Hundt, der wiederum den "Job-Absturz" befürchtet, wenn nicht die Bundesregierung welche auch immer, aber immerhin irgendwelche Weichen stellt. Herr Hundt weiss natürlich welche. Es wird zum Schaden der Unternehmer nicht sein, denn die vertritt er schließlich.
Und dass wir Widersprüche sehen, wo keine sind, liegt nur an unseren begrenzten Fähigkeiten, zwischen den Zeilen zu lesen.
Wer weiss schon, wie genau so ein Job-Absturz aussieht?
Wer hätte sich in diesen vergangenen expertenlosen Monaten schon genau überlegt oder zu sagen getraut, wie viele Arbeitslose man befürchtet?
Oder wer weiss, wie viele Frauen arbeiten wollen und sich arbeitslos melden würden, wenn sie denn wüssten, wohin mit ihren Kindern?
Fragen über Fragen!
Zum Glück gibts ja die Experten.
erphschwester - 31. Mai, 19:19
Wir nicht mehr ganz taufrischen Damen wenden uns neuerdings höchlichst erstaunt um, wenn da die neuen - achso!,emanzipierten - jungen Frauen auf den Plan treten und jedem, der es hören will oder auch nicht, verkünden, wie wohl sie sich doch in ihrer Haut fühlen.
Weil sie alles machen können, was sie wollen. Sogar sich entfalten. Aber wie!
So weit ich erkennen kann, kriegen sie immer noch die Kinder. (Was nichts mit dem gestrigen Herrn Blum zu tun hat: sie machen das ganz freiwillig. Wer auch sonst sollte es tun?) Und sind immer noch die, die mehrheitlich zu Hause bleiben, den Karrierestau in Kauf nehmen, so gar dann, wenn sie besser ausgebildet sind als ihre Männer.
Sie sind die, die durchschnittlich schlechter verdienen als ihre männlichen Berufskollegen, die viel zu wenig forsch ihre Forderungen stellen und ihre "weiblichen Waffen" tunlichst eher einsetzen als ihren Biss, den sie durchaus auch haben. Denn das macht aus ihnen "Mannweiber", die sie nicht sein dürfen und wollen.
Und all der Dinge mehr, die wir schon vor etlichen Jahrzehnten beklagten.
Imgrund also hat sich nicht viel verändert seit damals, als Konstantin Wecker sang:
"Du bist so hässlich, dass ich es kaum ertragen kann ...".
Dies mitten in der Blüte des Kampfes um Emanzipation, der seinerzeit im "Zwang" zum hwG (häufig wechselnden Geschlechtsverkehr) endete, um heute - nicht zuletzt Dank AIDS - bei der modernen Prüderie anzukommen.
Es hat sich so viel nicht geändert, und doch wendet sich so mancher Mann lieber gen Asien, um sich von dort eine sanftmütige, gefügige, unterwürfige etc. Frau zu holen, deren Vorteil darin besteht, dass sie - sofern man es nur richtig anstellt - für lange, lange Zeit - kein für ihn verständliches Wort spricht. Was natürlich auch andersherum gilt.
Dabei unterliegen Letztere einem fatalen Irrtum. Auch in Asien, berechtigt oder nicht, wird neuerdings den Frauen mehr Beachtung geschenkt, als es manch einem lieb sein dürfte.
Hören wir doch jetzt aus Malaysia, das in unserem Alltag ein quasi-weisser-Fleck auf der Landkarte ist, dass den Männern nun (nachdem sie ihre Frauen schon nicht mehr schlagen dürfen) auch verboten werden soll, sie psychisch zu misshandeln.
Ahja, gut, werden Sie sagen, dass ist ja nur recht und billig. Aber schon was das Schlagen angeht, bin ich mir hierzulande nicht so sicher. Wenn es aber als eine Art psychischer Folter, mindestens aber Demütigung gilt, seine Frau "hässlich" zu nennen, dann hört der Spaß ja irgendwie auf.
Wo bleibt denn da die Meinungs-, mindestens die künstlerische Freiheit!?
Konstantin Wecker würde jedenfalls wegen seines Liedes heutzutage in Malaysia in den Knast wandern.
Da sind wir noch weit, weit von weg.
erphschwester - 28. Mai, 19:19
Ist Ihnen das auch schon aufgefallen, wie fröhlich sich alles im gebärfähigen Alter neuerdings wieder vermehrt? Also nicht "wieder", weil die etwa schon Kinder hätten, sondern "wieder" weil es eine Zeit lang aus der Mode gekommen war, das Sich-Vermehren. Wegen der schlechten Zeiten.
Dabei hatten die noch gar keine Ahnung, w i e schlecht die Zeiten noch werden, als sie sich das Kinderkriegen versagten. Nun, da wir erwiesenermaßen die allerallerschlechtesten aller zivilisierten Zeiten haben, da kriegen die Leute Kinder.
Als hätten sie den Ratschlag des Herrn Blum befolgt. Allerdings, um der Wahrheit die Ehre zu geben, muss man zugestehen, dass diese kugelrunden Bäuche eine Weile brauchen, ehe sie´s sind, so rund. Da war an den obergescheiten Herrn Blum, immerhin einer von den vielen Experten, die letzthin angesichts der zu erwartenden Wirtschaftslage noch ziemlich ratlos waren, noch gar nicht zu denken. Nicht, dass er da noch kein Experte war. Aber da war ihm noch nichts Sinnträchtiges eingefallen.
Jetzt immerhin ist ihm wenigstens irgendwas eingefallen, nämlich, dass angesichts des bevorstehenden Arbeitsplätzemangels die Frauen, wenn sie denn eh einmal arbeitslos daheim säßen, sich für die Rentenkassen etc. nützlich machen könnten. Nicht, dass das der alte Engels nicht auch schon vor langer Zeit gewusst hätte, dass die Frauen sich doch tunlichst ihres biologischen Auftrages besinnen sollten, wenn grad die Arbeit knapp ist. Er nannte das damals "Frauen als Reservearmee" für was auch immer.
Dumm nur, dass selbst dem Herrn Blum klar ist, dass heutzutage eine Familie nicht mehr von nur einem Einkommen überleben kann. Und deshalb, nicht sehr geschickt, mahnt er die Unterstützung des Staates an. Der, in Krisenzeiten auch nicht sehr geschickt, den Kündigungsschutz für die Väter sichern soll. Da freuen sich die Unternehmer sicher ganz dolle! Sehr viel mehr an staatlicher Unterstützung fällt ihm dann auch tunlichst nicht ein, weil ... alles andere kostet Geld. Und das ist ja nun in Krisenzeiten das rarste Gut.
Und sowieso ist es praktisch, dass das dem Herrn Blum erst angesichts der vielen dicken Bäuche einfällt, weil er, wenns schief geht mit seinen hehren Zielen, immernoch sagen kann, dass er nichts gemacht hat.
Neja, schon klar, das waren dann immernoch die Väter, die hernach ja sowieso für den Schmonsens blechen müssen.
Vorausgesetzt, da sind welche, die dazu willens sind. Die Kinder der anderen kommen, wie gehabt, in die Gefriertruhe. Und falls es dafür schon zu spät ist, dann gibts ja noch das Training für die Eltern entwicklungsauffälliger Kinder bei der Uni Bremen.
Alles zum Wohl des Kindes!
erphschwester - 27. Mai, 19:19
Ich soll über Vorbilder schreiben, wurde mir gesagt.
Wasn Quatsch!
Am Besten über ein Land, das Vorbild für Deutschland sein kann.
Jaja!
Vielleicht, auch wenn das nicht sehr einfallsreich ist, greifen wir da gleich zum Allernächsten. Also nicht so rein geographisch, sondern mehr mental. Nämlich den USA, die ja irgendwie schon seit langer, langer Zeit Vorreiter für alles waren.
Der Deutsche ist, was den US-Amerikaner angeht, so blindgläubig, dass er sogar die Dinge noch nachmacht, die die Amis schon längst wieder auf den Müll geworfen haben.
Zum Beispiel neulich kam einer "von oben", beguckte sich unsere mickrigen Büros, in denen aus Sparsamkeitsgründen nun nicht mehr nur jeweils einer, sondern zwei Leute sitzen, und meinte, man könne durch die Herausnahme einer Wand grad noch mehr Platz gewinnen und da statt vier gar fünf Mitarbeiter reinsetzen.
Großraum is irre "IN". Zumindest bei den Leuten, die selbst noch ein Einzelbüro haben, in dem man eine fünfköpfige Familie unterbringen könnte.
Unsere Chefin hat dann auch ein kleines bisschen getobt, weil sie weiss, wie das ist, wenn nur in einem dieser Zweierbüros beide gleichzeitig telefonieren. Was ein Geschrei!
Aber nicht über Großraumbüros wollte ich schreiben, sondern über die USA als Vorbild. Von denen können wir ja so viel lernen, dass es auf keine Kuhhaut geht: Zweit- und Drittjobs (weil man von nur einem nicht leben kann), das Wegsparen des sozialen Netzes, die Immobilien- und Bankenkrise und - nicht zu vergessen - das Foltern, ohne dass es so heisst.
Hab ich doch gestern einen Bericht gesehen darüber, wie man die Häftlinge in Guantanamo behandelt. Die im übrigen ja nicht Häftling heissen, sonder Aussatz oder so. Was dann bedeutet, dass bestimmte Vereinbarungen darüber, wie man Gefangene zu behandeln hat, nicht mehr gelten.
Ganz groß geschrieben, das sei jetzt mal betont, wird der Umstand, dass die Leute nach dieser "Behandlung" keinerlei sichtbare Verletzungen davon tragen sollen. Und sie tun es auch in der Mehrzahl der Fälle nicht.
Nein, nein, die Amis sind beileibe nicht so böse, wie man es ihnen nachsagt!
Na, jedenfalls gestern in dem Bericht haben sie die Situation nachgestellt, an Freiwilligen, die mehrheitlich "pro" gewesen sind. Also die Freiwilligen meinten, davor versteht sich, dass sie es richtig fänden, bei "Gefahr im Verzug" (und davon könne man bei Terrorismus ja irgendwie immer ausgehen) ein kleines bisschen Druck ausgeübt wird. Man trage schließlich zur Rettung von Menschenleben bei, indem man Anschläge verhindern könne, im besten Fall.
Die "als-ob"-Situation dauerte gerade mal 48 Stunden, was wirklich nicht viel ist, geht man einmal davon aus, dass allerhand Leute in Guantanamo schon seit mehreren Jahren sitzen und nie eine Anklage bekamen oder einen Anwalt gesehen haben.
Bis zum Ende des "Testes" haben aber dann nur die Hälfte der Teilnehmer ausgehalten. Weder die, noch die anderen waren hinterher noch "pro". Weil ... irgendwie hatten sie sich das alles ganz anders vorgestellt.
Ihnen war nicht bewusst gewesen, dass sie beinahe ständig Kapuzen auf dem Kopf haben würden, dass man sie aus dem Schlaf risse, sie in ihre Klamotten pinkeln usf. ließe, dass man sie anschreien würde, stundenlang in Zwangshaltungen verharren ließe und ihnen zu ihrer Kapuzenblindheit auch noch Kopfhörer mit "weißem Rauschen" verpassen würde.
Manch einer kriegte schon nach nur wenigen Stunden Halluzinationen. Und die meisten wären noch weit vor Ablauf der 48 Stunden bereit gewesen, ALLES zu gestehen, was zu gestehen man von ihnen verlangte. Und das alles ohne offene Wunden oder auch nur blaue Flecken. Ist doch fein!
Ahja, gut, ich gebs zu: So richtig vorbildhaft ist das nicht für unsereinen, der weniger martialisch mit dem euorpäischen Schöngeist im Hinterkopf rumläuft.
Das nächste Mal, ich versprechs, suche ich was anderes Vorbildhaftes. Mir fällt nur gerade wirklich, wirklich nichts ein.
erphschwester - 25. Mai, 19:19
Jetzt ist es raus!
Und es wurde höchste Zeit.
Aber allerhöchste.
Nun, da wir die DDR-Vergangenheit weitestgehend in Schubfächer gepackt haben, wird es auch langsam Zeit, dass wir die bundesdeutsche Geschichte (das meint Deutschland/West vor der Wende) in den richtigen Kontext packen.
Und also gehört es aufgeräumt mit der Mär, dass die bundesdeutsche Jugend anno 1967 ff. eine von Grund auf radikale war. Warum hätten die so sein sollen? Die hatten doch alles! Sogar diese großartige, von den Alliierten geschenkte Freiheit mit Rockmusik, langen Haaren und Reisefreiheit.
Da muss doch ein geheimer Einfluss oder Anstoß oder irgend so was gewesen sein. Etwas, das von draussen kam und die armen, achso! braven, Kinder in einen Dreck reingezogen hat, auf den sie nicht von allein gekommen wären.
Dieser ganze Schmutz von Studentenrevolte, Hausbesetzungen und gar RAF ... das haben die sich doch nie und nimmer selbst ausgedacht. Warum denn hätten sie das tun sollen? Denen ging es doch nicht nur gut, sondern sie hatten auch alles, einschließlich der richtigen Werte. Jahrzehnte lang haben wir uns gefragt, wie dieser Dreck in ihre Köpfe gekommen ist: Rauschgift, Anschläge und freie Liebe.
Und jetzt, besser spät als nie, wissen wir endlich, dass wir nicht dran Schuld sind. Herr Kurras ists gewesen. Naja, nicht dass wirs nicht wussten. Aber das Ausmaß der Schandtat wird uns erst jetzt so richtig bewusst. Herr Kurras erschoss den Benno Ohnesorg. Nicht etwa so aus Versehen. Aber! Wer konnte denn so etwas glauben?
Ein (west)deutscher Ordnungshüter, der seine blosse, blanke Pflicht erfüllt und damit solch ein Durcheinander in die Wege leitet?
Das glaubt ja nun keiner! Die ganzen Jahrzehnte lang seither hatten wir unsere Zweifel. Wir wussten, dass da etwas faul ist. Jedenfalls hatten wir immer schon so ein Bauchgefühl.
Und jetzt ...
Jetzt ...
Jetzt ist es endlich raus!
Gott sei Dank!
Herr Kurras hat für die Stasi gearbeitet.
Und jetzt ist alles völlig glasklar:
Dieses ganze Chaos, Durcheinander, diese Unmoral und Radikalität hat praktisch ein Ossi verursacht. Wer auch sonst?
Wo auch sonst hätte all das her kommen sollen!
Es wurde Zeit, allerhöchste Zeit.
Und die Erkenntnis kam gerade noch rechtzeitig für all jene, die sich heute nach einem hürdenreichen, mühevollen 68er Weg schon ganz dolle schämten, jemals all diese Dinge getan zu haben.
Naja, jetzt sind sie quasi alle entlastet:
Gegen solche Einflüsse kann man nix, aber auch gar nix tun.
DAS rehabilitiert also ... praktisch von ganz allein.
Wenn der Herr Klar und der Herr Schily das eher gewusst hätten, dann wäre alles aber ganz, ganz anders gekommen.
erphschwester - 22. Mai, 19:19
Erinnern Sie sich noch an diesen schönen Rechtsbegriff "Verbotsirrtum"?
Wir lernten ihn dunnemals durch Herrn Ackermann kennen, der nicht zwingend gewusst haben muss, dass es strafwürdig ist, sich selbst die Taschen voll zu schaufeln, während die Aktionäre draufzahlen.
Einen Moment lang atmeten wir damals auf und meinten bessere Karten zu haben, wenn wir dies oder jenes zugewachsene Verkehrsschild nicht sehen, wurden aber schnell eines Besseren belehrt. Der kleine Bürger und (Ordnungs-)Straftäter hat alle Pflicht dieser Welt, sich mit der Rechts- und sonstigen Lage vertraut zu machen, ehe er handelt.
Es kann schließlich nicht jeder ein Ackermann sein.
Nun erfahren wir, und zwar von allerhöchster Stelle, dass der Verbotsirrtum auch für Ehrenmörder gelten sollte. Die allerhöchste Stelle ist in diesem Fall der Herr Hassemer, ehemaliger Vize vom Bundesverfassungsgericht. Vielleicht ist es gut, dass er ein ehemaliger ist, denn seine neuesten Rechtsauffassungen wirken doch sehr krude, jedenfalls wie die von einem, der nicht kapiert hat, dass Multikulti nicht funktioniert.
Hassemer meint, dem Ehrenmord, den man doch - bitteschön! - vor seinem sozialen Hintergrund sehen solle, fehle es an niedrigen Beweggründen. Weshalb hier Mord nicht Mord, sondern bestenfalls Totschlag sei, was in der Strafzumessung schon einen ordentlich Unterschied macht. Und übrigens sollte bei jungen Straftätern eben dann das Jugendstrafrecht angewendet werden.
Frau Freudenberg vom Deutschen Juristinnenbund ist da ein wenig anderer Meinung. Sie sagt, von Irrtum, schon gar nicht dem des Verbotes eines Mordes, könne ja nun wahrlich nicht die Rede sein. Mord bleibe Mord, und jeder in Deutschland (und übrigens auch anderswo) Lebende wisse das sehr wohl. Zudem sei es kein Zufall, dass oft und gerade die nichtvolljährigen Familienmitglieder mit der Ausführung der Tat beauftragt würden. Man sei sich sehr wohl darüber im Klaren, dass diese eine geringere Strafe erwarte als die Erwachsenen. Und wenn so viel Klarheit herrsche, könne von Verbotsirrtum aber nun mal gar nicht die Rede sein.
Die Kommentatorin der FR, Frau Rüssmann, wiederum anerkennt das Anliegen des Herrn Hassemer, wegzukommen vom Bild des bärtigen, terroristischen, frauenmordenden Moslems, findet jedoch das Beispiel denkbar schlecht gewählt. Denn wer familiäre Konflikte durch Mord löst (das sag jetzt ich) bleibt immernoch ein Mörder.
Alles in allem, das festzustellen sei erlaubt, bleibt der Hinweis:
Wenn unsere Gerichtsbarkeit (und solch Gedankengut könnte sich auch in der aktiven breit machen) nicht anfängt, diese weichgespülte Rechtssprechung durch wirkliches Recht zu ersetzen, dann mag der Verbotsirrtum künftig für alle gelten und jegliches Gericht seiner Auflösung zugeführt werden.
erphschwester - 15. Mai, 19:19
Wie gut es einer Gesellschaft geht, merkt man daran, worum sich die Leute vor Gericht streiten. Womit ich nicht etwa meine, dass oder ob Leute wie Ackermann & Co. vor Gericht stehen. Daran- im Gegenteil - kann man bestenfalls sehen, wie (selbst)kritisch eine Gesellschaft mit ihren Auswüchsen umgeht. Unter diesem Aspekt ist es erstaunlich, dass Ackermann dunnemals überhaupt ...
Aber nicht darüber wollen wir reden, sondern von den ganzen normalen Rechtsstreitigkeiten, in denen irgendwer irgendwas für sich selbst erstreiten will. Zum Beispiel bei Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Erbrechtssachen oder ... ja, auch im Namensrecht.
Wurde doch dieser Tage vor dem Bundesverfassungsgericht(!) verhandelt, wer sich wann welche Namen geben darf und wie viele.
Jaja, d a s beschäftigt das Land und die Gerichte!
Als da waren die Zahnärztin T. und ihr neuer Ehegatte Rechtsanwalt K.-H., welchletzteres nicht etwa für Karl-Heinz steht, sondern für den nicht genannt sei sollenden Nachnamen des Herrn.
T., die schon Kinder aus erster Ehe hatte, wollte um deretwillen ihren Namen behalten, gleichzeitig jedoch den doppelten vom neuen Ehgatten hinzu kriegen, um ihre Verbundenheit mit ihm zu bekunden. Eigentlich hatte sie das ja schon im Standesamt getan, das Bekunden, aber jeder sollte es auch sehen. Auf dem Briefkopf oder so. Da wäre sie dann Frau Dr.T.-K.-H. oder Fr. Dr. K.-H.-T. gewesen, was irgendwie so ähnlich wie ein Adelstitel geklungen hätte oder aber wie manche altvordere Anrede, die wir ja abgeschafft haben.
Der Standesbeamte hatte solcherart Ansinnen mit Hinweis auf geltendes Namensrecht abgelehnt, ebenso die jeweils instanzlich ansteigenden Gerichte, die in der Folge bemüht wurden.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte nun, dass weder der Standesbeamte, noch die anderen Gerichte etwas verkehrt gemacht haben. Die Begründung hierfür spare ich Ihnen und mir.
Ich ziehe daraus den Schluss, dass es uns ja doch recht gut zu gehen scheint, wenn wir uns um solche Sachen streiten. Da kommen weder Hunger, noch Geldnot, noch Kinderschänder im Netz drin vor, sondern nur der verständliche (wenn auch im vorliegenden Fall etwas übertriebene) Wunsch nach einem kleinen, privaten Glück. Das wollen wir ja irgendwie alle.
Ist es nicht schön, dass wir keine anderen Sorgen und unsere höchsten Gerichte nichts Schlimmeres zu verhandeln haben als so etwas?
Uns geht es gut!
Und beim nächsten Mal reden wir davon, wie nützlich Horrorszenarien wie Meteoritenabstürze und Solarstürme gegen die Wirtschaftskrise sind.
Aber vermutlich nicht sonntags.
erphschwester - 10. Mai, 11:09
Erinnern Sie sich: In der Sesamstraße gibt es ein Spiel, bei dem so ein infantiler Erwachsener singsangt: Eins von den Dingen ist nicht wie die anderen. Und dann müssen die Kinder herausfinden, welches von diesen Dingen das eben ist.
So ähnlich ist das auch mit den Berufen. Davon abgesehen, dass es wirklich sehr verschiendene gibt, solche mit wenig und viel Verdienst, solche mit Kopf- oder Körperarbeit, solche für Geschickte oder eher Kluge, genießen sie auch unterschiedliches Ansehen. Was nicht immer nur eine Frage des Geldes ist.
Der Bankräuber z.B. mag, gemessen am Aufwand, sehr viel verdienen, aber großes Ansehen genießt er nicht. Ebenso der Heuschreckenkapitalist oder die Hure, die man ja heute nicht mehr Hure nennt (obwohl ausgesprochene Profis da gar nicht so viel gegen haben), sondern Prostituierte.
Prostitution, wie wir wissen, war lange Zeit nicht nur geächtet, sondern richtig verboten. Erstaunlich, wie lange sich dieser Beruf dann doch gehalten hat. Eigentlich müsste er längst ausgestorben sein. Erklären lässt sich das vermutlich nur dadurch, dass ähnlich wie gegessen und gestorben auch immer gef... wird. (Schon allein die Tatsache, dass ich dieses Wort hier nicht ausschreiben zu können meine, spricht Bände über die tief verwurzelte Geringschätzung in der Gesellschaft.)
In unserer heutigen aufgeklärten Zeit stellte sich die Frage, wie man des Problems, das loszuwerden nicht recht gelingen wollte, dann doch habhaft werden konnte. Und kam zu dem Ergebnis, dass ein Wertewandel rumdum nur Vorteile habe. Wenn es denn schier unmöglich schien, den Menschen das bezahlte F... abzugewöhnen, musste man aus der Not eine Tugend machen und die Sache legalisieren, in jeder Hinsicht. Nachdem die Huren schon eine ganze Zeit lang Steuern zahlen durften, "erlaubte" man ihnen auch, sich sozial abzusichern. Nun dürfen sie auch Beiträge in alle Kassen zahlen, was im Falle von Krankheit oder Arbeitslosigkeit durchaus nützlich ist.
Nun sind die Damen nicht nur selbst Dienstleister, sondern dürfen auch öffentliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Z.B. die des Arbeitsamtes.
Messerscharf sschloß ein Bordellbesitzer (dessen Bordelle "Oasen" oder so heissen), dass diese Dienstleistungsinanspruchnahme ja dann , logisch, auch für Arbeitgeber in dieser Branche gelten müsse. Und weil er gerade dabei war, ein paar weitere "Oasen" zu eröffnen, erteilte er der Arbeitsagentur einen entsprechenden Vermittlungsauftrag.Das heisst : Er wollte solches tun, wurde jedoch schnöde zurück gewiesen mit der Begründung, sein Anliegen sei sittenwidrig.
"Ja.wie?", fragte sich der Herr. "Meine Damen" (soviel Zeit muss sein!), "Zahlen Beiträge und sollen doch von der Dienstleistung ausgeschlossen sein?"
Das fand er nicht gerecht und ging vor Gericht. Und weil sein Anwalt ein ganz gewitztes Kerlchen war und es schließlich alle wissen wollten, klagte man sich bis ganz oben durch.
Vorm Bundessozialgericht wurde bestätigt, dass es sich bei Prostitution dann eben doch nicht um eine ganz übliche Beschäftigung handelt, auch wenn sie nun als sozialversicherungspflichtig anerkannt wird, und jedenfalls das Arbeitsamt in diesen Beruf nicht nur nicht vermitteln könne, sondern dies auch nicht dürfe. Denn zwischen der Anerkennung als sozialversicherungsblabla-Beruf und der Förderung der Prostitution gäbe es doch noch einen Unterschied.
Etwas süffisant, wie mir schien, merkte der Direktor des betroffenen Amtes an, dass er sich nur schwer vorstellen könne, diesen Beruf zu behandeln wie jeden anderen. Weil das u.a. hieße, man müsse den "Damen" im Bedarfsfalle auch berufsspezifische Fortbildungen angedeihen lassen. (Da stelle sich jetzt jeder drunter vor, was er mag.)
Auch sei es den z.T. doch sehr jungen Arbeitsvermittlern nicht zuzumuten, sich mit der Spezifik des Berufes im Vermittlungsbereich én detail auseinander zu setzen.
Der Anwalt des Oasen-Besitzers kommentierte dazu, dann dürfe man künftig wohl auch keine Fleischer mehr vermitteln, weil vermutlich auch Vegetarier in der Belegschaft seien.
Kurzum: Was auch immer für Spitzfindigkeiten jetzt noch zwischen den Parteien ausgetauscht werden mögen; Prostitution ist und bleibt das Ding, das nicht ist wie die anderen.
erphschwester - 8. Mai, 18:16