Abschalten

Bevor ich heute den Fernseher abschalte, weil diese Vereinigungsseligkeit nicht zu ertragen sein wird, denke ich noch einmal an diesen Tag vor zwanzig Jahren, an dem ich mich ein bisschen veralbert gefühlt habe.

Seit vier Tagen hatte ich die Ausreisebewilligung in der Tasche und tat noch immer jeden Abend, was ich schon seit Wochen an jedem Abend tat: Pakete packen. Den Gedanken an einen Möbelwagen hatte ich ad acta gelegt. Nur schnell zum Rest der Familie! Mann und Kind waren ein paar Tage vor diesem "Paneuropäischen Picknick" über die Grenze nach Österreich und von da nach Westdeutschland gegangen. Der Mann schrieb etwas später einen hochoffiziellen Brief in dem stand: "Komm zu uns!". So einen, den ich hatte vorlegen können bei den Stellen, die mir die Ausreise erlauben konnten. Viel verhaltener als allerhand Briefe vorher, in denen er schrieb, wie er an unserer Zukunft baute und uns (Sohn und mich) vermisste.
Es war nicht der Brief, der die Leute von der Behörde beeindruckte, sondern das minderjährige Kind, zu dem ich meine Ausreise beantragte. Der Mann schließlich war groß und hätte wiederkommen können. Diese kleine und unglaublich unwahrscheinlich Lücke im Ausreisegesetz, die sie zwang, mir die Ausreise zu genehmigen, war ärgerlich und das Kommende schließlich nicht voraus zu sehen.

Während andere sich vollkommen spontan und völlig von - ja, was? - überwältigt auf den Weg zum Kudamm machten, um dort ein Bier zu trinken, packte ich das vielleicht achtzigste Paket und sah zum soundsovielten Male Herrn Schabowski, wie er verwirrt sein Zettelchen hin und her wendete, um dann zu verkünden: " Diese Regelung gilt ... ja, offenbar ab sofort."

Ich ging erst am Dreiundzwanzigsten. Während sich Schlangen von Menschen an den Stellen wanden, an denen man sich für kurz oder länger abmeldete, hatte ich mir dreiundzwanzig und einen Stempel abgeholt, die mir sagten, dass ich gehen darf, für immer, und alles in Ordnung war. Ich hatte meine Miete gezahlt, den Strom und all das.

Ich habe nie Besuchergeld erhalten. Und mein erster Einkauf bei Aldi war nicht wirklich schön, weil das Geld reichen musste bis ...

Kurze Zeit später traf ich auf allerhand Leute, die glaubten mir erklären zu müssen, wie das Leben funktioniert. Dabei hatte ich schon eins gehabt. Leute, die meine Ausbildung, meine Eignung für diese Gesellschaft und allerhand andere Sachen in Zweifel zogen, die mich mitleidig oft auf meine politische Verfolgtheit ansprachen und nicht ahnten, wie eingesperrt sie selber waren. Manch einer von ihnen mag seither um einiges unzufriedener geworden sein (das könnte ein Trost sein, wenn ich dessen noch bedürfte), aber an ihre Freiheit glauben sie heute noch unverdrossen.

Während ich meinen neunten November 1989, wie so manchen Abend vorher, mit Paketepacken verbrachte, hörte ich neulich, war Angela Merkel, jung wie ich damals auch, in der Sauna. Sie hätte die Grenzöffnung beinahe verschwitzt, spöttelte man.
Ich denke, sie witterte eine Chance.
NoXxLynXx - 9. Nov, 20:06

tja, noch besser ist allerdings, wenn

du wie ich fast ein halbes jahrzehnt auf die erlaubnis gewartet hättest, wieder mal zurück in die alte heimat zu dürfen, halt besuchsweise.
und als subversives subjekt nie die erlaubnis bekamst. und dann plötzlich nach all den jahren kommt ein hochoffzieller brief mit der besuchs-erlaubnis vom ddr-innenministerium. am 7.10.1989.
ja. das sind schmerzen.
denn als ich für meinen so lange ersehenten zurück-besuch packte, da liefen im fernsehen urplötzlich lauter leute auf der mauer rum.
vielen dank auch.
und als ich - bockich wie immer - trotzdem in die sterbende ddr fuhr, fragte mich an der grenze ein betrunkener grenzer (dem ich stolz meine einreise-erlaubnis zeigte) was er denn damit solle. und ob ich jetzt ein bienchen haben wollte.
ja. den hätte ich gerne erschossen.

erphschwester - 9. Nov, 20:09

jaja,

ich bin auch froh, dasses digitalfernsehen gibt. die schern sich einen dreck um son zeuch.
NoXxLynXx - 9. Nov, 20:16

hä? wat?

ich erzähle vom drama meines lebens und du schwafelst von digital-fernsehen?
was bistu gemein!

erphschwester - 9. Nov, 20:20

wir alle

haben unsere dramen und keinen interessierts.
NoXxLynXx - 9. Nov, 20:22

das is doch mir wurscht!

meine dramen sind von vornherein und sowieso für jeden interessant.
ne.

erphschwester - 9. Nov, 20:26

tatsächlich?

da biste jetz aber richtich froh, was?

obwohl ... ich seh nur dich, mich und die frau, die fall mit ph schreibt.
NoXxLynXx - 9. Nov, 20:28

wat fürne äh???

ipfui!

erphschwester - 9. Nov, 20:32

jetz

sei doch nich so gemein!
die hat eben ne rechtschreibschwäche.
NoXxLynXx - 9. Nov, 20:33

ja genau, so nennt man

da jetzt also.
recht-schreib-schwäche.
hähä.
genau.

erphschwester - 9. Nov, 20:38

sie hat

ja nich phallus geschrieben, ne, hat sie nich.

da wär ich aber auch ...
aber sowas von!
NoXxLynXx - 9. Nov, 20:45

kwääääääk! hähä

phall ohne us!

erphschwester - 9. Nov, 21:05

ich weiss gar nich,

wovon du sprichst.
NoXxLynXx - 9. Nov, 21:06

ja genau

das glaube ich dir aba so was von

erphschwester - 9. Nov, 21:11

ne wirklich!

soll ich dir was sagen?
ich trau mich gar nich an meine fernbedienung ran. ich glaub, wenn ich noch einmal die frau von tschäpointtscharlie sehn muss, brech ich. dann brauch ich keine nüsschen mehr.
NoXxLynXx - 9. Nov, 21:27

jaja, der dummen trulla

möchte ich auch dringend eins aufs nüsschen geben.
kwark-schnalle die!
haut ohne ihre brut ab und macht dann, anstatt ihren lebens-unterhalt zu verdienen wie jedes arme schwein (oje, simmer schon wieder bei die schweine?) einen auf drama-kwien an der grenze.
aba immer schön zeitungs-foto-tauglich, wa.

wandlerin - 9. Nov, 21:31

über das

digital-tv freu ich mich nicht, aber dass ich euch kennen lernen durfte, schon

erphschwester - 9. Nov, 21:34

DAS is

aber lieb.
und da hammer gar kein tschäkpointdings zu gebraucht.
NoXxLynXx - 9. Nov, 21:50

sehe ich aus wie was

was an stark von soldaten frequentierten orten rumlungert?
des wäre also von vornherein für mich flach gefallen, hab was besseres mit meinem leben zu tun gehabt.

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