... nennen es die Arbeitgeber. "Streik" heisst es bei den Arbeitnehmern. Das Thema selbst ist seit den Lokomotivführern nicht neu. Es wurde damals unter den gleichen Vorzeichen behandelt. Auch da sagte man "unzeitgemäss", wenn man kein Lokführer war, oder "Erpressung" und meinte damit, dass sich die kleinen BIP-Erwirtschafter gefälligst nicht vorm Weiter-Erwirtschaften drücken sollen, während die Grossen die grosse Kohle weiterhin in ihre Taschen schieben und dabei tun, als wäre ihr Beitrag zum allgemeinen Gelingen der wichtigere.
Nichtsdestotrotz muss gesagt werden, dass Streik (bleiben wir ruhig bei diesem Terminus) nicht nur das einzige, sondern auch das einzig wirksame Mittel im Kampf zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist.
Da, wo die Politik mit allzu grosser Zögerlichkeit sich scheut, menschenwürdige Lebens- und Einkommensbedingungen zu schaffen, müssen es halt die Betroffenen selber tun. Es geht, und darauf kann man gar nicht oft genug hinweisen, schon lange nicht mehr um das Wohl und Wehe der heimischen Wirtschaft, sondern darum, wie gross die Gier der Arbeitgeber sein und noch werden darf. Es geht nicht um die Arbeits- und Lebensbedingungen in einer globalisierten Wirtschaftswelt, sondern darum, daß anderswo vielleicht billiger, vielleicht(!?) auch genau so gut produziert wird, aber das nicht bis in alle Ewigkeit so wird bleiben können. Es geht um die Frage, ob die überbordenden Einkommen einiger weniger tatsächlich wichtiger sind als das Allgemeinwohl.
Mögen sie es "Erpressung" nennen oder aber "unzeitgemäß", mag es "Machtdemonstration" heissen oder wie auch immer - erphschwester goes strike, wenn es denn so weit ist.
erphschwester - 14. Feb, 07:06
So klang es mir gestern in den Ohren, als ich hörte, dass Herr Erdogan vor der Assimilierung der Türken in Deutschland warnte. Was auch immer er damit gemeint haben mag. Ist er etwa ein Star-Treck-Fan und kennt die Borg?
Die freilich, die Borg, haben kein grosses Aufhebens um die Objekte ihrer Assimilation gemacht, sondern alle möglichen Wesen wahrhaftig "umgebaut", um sie in ihrem "Kollektiv" einzuverleiben. Hernach dachten alle nurmehr einen Gedanken, waren bar jeden Gefühls und dienten nurmehr dem einen Zweck der Borg: alle anderen Kulturen in ihr "Kollektiv" zu holen. Was so kommunistisch klingt, hat auch etwas von Faschismus. Und ich wage die Behauptung, das Bild vom allesfressenden Borg, das sich aus Erdogans Rede dem neuzeitlichen Fernsehkonsumenten aufdrängt, ist kein Zufall.
Tatsächlich ist nicht ganz klar, was Assimilation im Einzelfall bedeutet, auch wenn sie in Grundzügen Voraussetzung einer funktionierenden Multi-Kulti-Gesellschaft ist. Sie bedeutet an allem Anfang zunächst einmal Spracherwerb. Ob und inwieweit Bestandteile der zugereisten Kultur Zugang in die vorgefundene Gesellschaft finden oder zu ihren Gunsten aufgegeben werden, hat sich im Einzelfall zu zeigen. Die Grenzen der Aufnahmebereitschaft sind sicherlich immer dort gesetzt, wo Konträres aufeinander stößt und das Funktionieren gefährdet ist.
Daß unsere Multi-Kulti-Gesellschaft Probleme hat, weil sie den Grad der Assimilation nicht rechtzeitig genug festlegte, ist inzwischen unstrittig. Manch einer hätte sich vielleicht überlegt, ob er her kommt, hätte er die Spielregeln vorher gekannt.
Da es aber keine gibt, reibt sich die Gesellschaft unentwegt und es grummelt im Untergrund. So kommt es, daß Einzelerscheinungen gerne für typisch gehalten werden; prügelnde Jugendliche auf U-Bahnhöfen genauso wie brennende Häuser ausländischer Mitbürger.
Im Grunde sind dies alles Zeichen von Mißtrauen und Unverständnis. Diese Gesellschaft ist keine Multi-Kulti-Gesellschaft, weil sie sich nie bemühte, eine zu werden. Wir alle leben nebeneinander, statt miteinander. Wir kennen und verstehen uns nicht, weil uns die Worte, vielleicht einfach nur die gemeinsame Sprache fehlen,
Die Frage ist aber: WOLLEN wir uns kennen und miteinander leben?
Gleichgültig, wie die Antwort lautet: Wir müssen in jedem Fall die Konsequenzen ziehen. Und ... wir können es nur gemeinsam tun.
Herr Erdogan, der als Chef eines islamischen Landes sein Volk nach Europa führen möchte, sollte sich überlegen, was er will. Die Warnung vor Assimilation ist für Deutschland und Europa nicht das konstruktivste Zeichen, das man in diesem Prozeß setzen kann.
erphschwester - 12. Feb, 06:45
Gebrannt hat´s. Was leider Gottes immer wieder mal vorkommt. Besonders gern im Winter, wo Außen- und Innentemperatur einen Kampf miteinander ausfechten, wo Heizgeräte gern mal zum Glühen gebracht und Stromleitungen zuweilen überfordert werden. Und manchmal auch sind´s Silvesterraketen und Weihnachtsbäume, die das Ihre dazu beitragen. Diesmal zwar nicht, denn Weihnachten und Silvester sind vorbei und ohnedies war nicht anzunehmen, daß in jenem Haus ein Weihnachtsbaum gestanden hätte.
Vielleicht ist das das Problem?
Gebrannt hat´s. Und genau für so etwas haben wir die Feuerwehr. Die, entgegen anderslautenden Behauptungen, d a war, jawoll!, und auch keine Minute zu spät. Auch wenn´s für neun Leute im Haus zu spät war. Das war nicht Schuld der Feuerwehr, die ihren Job gemacht hat und vielleicht noch immer macht. Weil immer wieder mal ´was aufflackert im Haus, sogar gestern noch. So gut brennt´s da im Haus, das ein altes ist.
Als es brannte und die Feuerwehr schon da war, war ein großes Geschrei. Die geretteten Bewohner schrien, weil ihre Verwandten und Freunde noch drinnen waren. Die Feuerwehrleute schrien, weil sie nicht schnell genug hoch kamen, denn das Treppenhaus war verstellt. Und keiner verstand den anderen, denn die Bewohner konnten kein Deutsch und die Feuerwehrleute nicht jene andere Sprache, von der man hernach beklagte, sie hätten sie doch sprechen müssen, damit man richtig retten kann. Dabei muß so ein Feuerwehrmann nur eines können, nämlich Brände löschen. Kein Mensch verlangt, daß die Sprachgenies sind, wie man es in einem Multikulti-Land sonst sein müßte.
Und ganz am Ende, als das Haus - beinahe - gelöscht und neun Menschen tot waren, verstand man einander so gut dann doch, um sich Vorwürfe zu machen. Und plötzlich hatten auch zwei Mädchen gesehen, daß jemand im Haus gezündelt hatte.
Ich frag´ jetzt nicht, warum die Mädchen ihren Eltern das nicht gleich sagten, wenn jemand Fremdes im Haus mit Feuer ´rummacht. Die Mädchen sind Kinder, na gut, die vielleicht nicht immer wissen, wann man mit den Eltern reden sollte und wann nicht.
Ich frage aber, wieso man in Deutschland immer gleich auf die Idee kommt, so ein altes Haus, das ganz gut von alleine brennen kann, sei angezündet worden. Von den bösen Deutschen, die ganz gerne Häuser anzünden, in denen FREMDE wohnen. Wie damals bei den Juden. Das ist bald siebzig Jahre her, klebt aber den Deutschen an die Füßen wie Teer. Da kann er so multikulti sein, wie er will.
Ich frage mich auch, mit welchem Recht man einen Feuerwehrmann krankenhausreif schlägt, wenn er denn seinen Job gemacht hat, genauso gut wie jeder andere Feuerwehrmann auf dieser Welt, der auch nicht zaubern kann. In den USA sind diese Männer Helden, warum nicht hier?
Ich frage mich, warum wir noch immer die Aschesäcke parat haben, um sie uns auf´s Haupt zu schütten, obwohl noch gar nicht klar ist, warum es da gebrannt hat.
Und, ehrlich gesagt, ich hab genug von dieser vorauseilenden Demut, die wir vor ausländischen Mitbürgern, Ausländerbeauftragten, ausländischen Ministern und ausländischen Ermittlern zur Schau stellen. Ich hab keine Lust mehr, als Generalverdächtiger da zu stehen. Ich hab kein Haus angezündet. Ich kenn´ auch keinen, der so ´was machen würde. Ich kenn´ nicht mal einen, der einen kennt.
Und, ehrlich gesagt, ich würd´ gern warten auf das Ergebnis der Untersuchungen, ehe ich überhaupt das Wort "Verdacht" auch nur denke.
Zum guten Schluß, nach all den Fragen, frage ich mich auch, ob wir solch übles Theater nicht solchen Leuten wie dem Herrn Koch zu verdanken haben. Der uns immerhin gesagt hat, wer hier im Land die Bösen sind. Ein Landeschef, der schon wieder Ansprüche auf den Job anmeldet, obwohl allerhand Leute im Land ihm klar machten, daß mit ihnen solche Kampagnen nicht zu machen sind.
Und beim nächsten Mal reden wir über die anderen Völkermörder, Landesbesetzer und Folterer auf dieser Welt, die so viel besser da stehen als die Deutschen in dieser Welt, und was eigentlich die richtig und wir verkehrt gemacht haben.
erphschwester - 7. Feb, 10:42
... pflegte mein Halbgarer als noch nicht so ganz redegewandtes, kleines Menschenkind zu sagen, wenn ihm etwas schief gegangen war. Nicht, daß ich ihn jemals so behandelt hätte, als hätte er irgend etwas je mit Absicht schief gehen lassen. Kleine Menschen, so wissen wir, probieren halt so ´rum. Dabei wachsen sie, werden groß und - so Gott will! - jeden Tag ein bißchen schlauer, geschickter und selbstbewußter.
In der Politik allerdings, so wissen wir, kann keiner mit dem Mutti-Bonus rechnen, weil es sich bei allen Beteiligten um erwachsene, selbstbestimmte Menschen handelt, von denen wir nicht nur hoffen, daß sie wissen, was sie tun, sondern auch, daß sie bereit sind, auch etwas für die anderen zu tun. Diese Hoffnung freilich macht manch einen von uns Wählern, die wir nur quasi-passiv beteiligt sind, zum Narren. Aber immerhin ... das verstehen wir unter Demokratie. Und wer den anderen nicht traut, kann sich ja selbst auf den Weg zur politischen Karriere machen, um - genauso wie die anderen Statisten - die eigenen Taschen voll zu wirtschaften und den anderen weis zu machen, er täte all das nur für sie.
Was all das mit der einstigen Äußerung meines Sohnes zu tun hat? Naja, gestern noch standen sie alle da und erklärten sich zu Siegern. Einzig der Wulff hatte damit Recht; die anderen hingegen mußten schon einige mentale Kopfstände machen, um sich und den anderen einen Sieg einzureden, der in Wahrheit keiner ist.
Denn, Pardon!, Sieger ist in so einer Wahl nur, wer hernach bestimmen kann. Und da gibt es in Hessen keinereinen. Weil sie zwar alle ganz toll waren, aber nicht so toll, daß das gemeine Wählervolk sie ganz und gar und - vor allem - ganz allein gewollt hätte. Im Gegenteil war Koch, so hören wir heute, Ypsilantis bester Wahlkämpfer , wenn auch nicht gut genug, ihr zur totalen Mehrheit zu verhelfen. Die, die Mehrheit beansprucht er für sich mit einem hauchzarten Vorsprung von 0,1%, der geradezu lächerlich anmutet. Und das wußte er selber, als er heut´ zur Merkel flog, um sich abwatschen zu lassen für seinen mehr als fragwürdigen Wahlkampf.
Aber solche Schlappen wird man sich nicht anmerken lassen. Und also war schnell der Schuldige gefunden, übrigens in allen Lagern: Die Linken warns, klar! Immer auf die Kleinen. Die sind Schuld, daß keiner mehr eine so ganz richtige Mehrheit hat. Die sind Schuld, wenn keine gescheite Regierung zusammen kommt. Die sind überhaupt an allem Schuld. Warn die ja schon immer! Klar! Die hatten Mauerschützen und all das. D a s kann ja nichts werden als etwas Verqueres! Klar!
Die Linken, denke ich mir, wären sie nicht so selbstbewußt, weil sie ja erwachsen sind, müßten sich ein bißchen so fühlen wie dunnemals mein Sohn. Aber - zum Glück! - sind sie ja schon groß und ein bißchen klüger als der Halbgare damals. Klug genug immerhin, sich nicht mehr diesen Mauerschützen-Scheiß-Schuh und alles andere anzuziehen.
Mein linker Kollege jedenfalls meinte heute, daß - was auch immer passiert - man mit seiner Partei im Landtag rechnen kann. Na, hoffentlich!
erphschwester - 28. Jan, 19:05
Wahlkampf ist in diesem Jahr 2008 ein großes Thema. Wobei man sich fragen darf, ob Koch nicht mehr Aufmerksamkeit bekommt, als er in Wahrheit verdient. Weswegen auch ich mich zu ihm nicht weiter äußern, allenfalls die Hessen daran erinnern will, am Sonntag überhaupt wählen zu gehen. (Ohnedies bleibt dahin gestellt, ob der Bessere oder der mit den markigeren Sprüchen siegen wird.)
Reden wir also über Amerika.
Das Wahlsystem dort ist für den gemeinen Deutschen so undurchschaubar wie nur was, weswegen wir interessiert, aber einigermaßen unverständig über den Teich schauen. Und auch ich werde nicht behaupten, verstanden zu haben, wie all das läuft. Nur so viel habe ich begriffen: Es braucht eine Menge Geld, das sehr viel offensiver zur Schau getragen wird als dies beim deutschen Wahlkampf der Fall ist. Es scheint, als habe derjenige mit den meisten Spenden schon halb gewonnen.
Natürlich ist es so einfach dann doch nicht. Vielmehr spielt in den USA wie anderswo die Leidensfähigkeit der Menschen eine große Rolle bei ihren Entscheidungen. Hat die amtierende Regierung den Bogen überspannt (und dies scheint bei Bush mit Krieg, Wirtschafts- und "Sozial"politik der Fall zu sein), dann ist das Land bereit für einen Wechsel.
Reden wir also über die Demokraten, die heuer interessante Kandidaten anzubieten haben, nämlich eine Frau und einen Farbigen. Beides wäre neu in der Rolle des amerikanischen Präsidenten. Beides stünde für einen Wechsel in sehr viel größerem Umfang als dem von den Republikanern zu den Demokraten. Beides jedoch läuft Gefahr, abseits von allen Inhalten seiner eigenen Symbolik zu unterliegen.
Wäre eine Frau als Präsident(in) nicht ein riesiger Fortschritt für die Frauenbewegung? Wäre ein Farbiger nicht ein riesiger Fortschritt im Sinne der Antidiskriminierung ?(Und behaupte nur keiner, es gäbe in den USA nurmehr die Gleichberechtigung zwischen Schwarzen und Weißen.)
Und dann ist da ja noch der unbedingte Siegeswille beider Kandidaten. Verständlich zwar, aber der Sache nicht so ganz dienlich, wenn zwei Demokraten sich immer wieder gegenseitigseitig mit Schmutzkampagnen überziehen. (Nicht, daß es das in Deutschland nicht auch gäbe. Wir sprachen darüber.) Obama ein heimlicher Islamist? Clinton die Anführerin der Hetzkampagne (deren Gegenstand sich bei genauerer Betrachtung als schlichtweg unwahr erwies) und obendrein "Anhängsel" ihres Ehegatten, welchselber in seiner Amtszeit ja auch nicht alles richtig machte? (Freilich wissen wir immer erst hinterher, was richtig war.)
Obama zumindest beklagte, daß er in seinem Wahlkampf in eine Ecke gerutscht sei, in die er nie habe rutschen wollen: Der farbige Kandidat als Symbol für alle Schwarzen. Es ginge ihm nicht um Äußerlichkeiten, behauptete er, sondern um den Menschen. Egal, wie der aussähe. Ein großzügiges Amerika gebe allen die gleiche Chance.
Sein Wort in aller Wähler Gehörgängen! Denn wenn es jenseits der Inhalte lediglich um Symbolik geht (was insgesamt keine sonderlich gute Voraussetzung für die Regentschaft in einem gerade eben krisengeschüttelten Land ist), muß angemerkt werden, daß es in den USA immernoch mehr Frauen als Farbige gibt. (Welcherstere, wenn sie an der Seite eines wackeren christlich-rechten Mannes leben, vielleicht nicht alle Frau Clinton wählen werden.)
Wünschenswert nicht nur für das Land Amerika, sondern für die ganze Welt wäre jedoch in dieser Zeit, daß der Kandidat siegt, der es schafft, einen Wandel nicht nur in der Landes-, sondern auch in der Weltpolitik herbei zu führen. Nicht nur, weil wir Deutschen, wie so viele andere Nationen auch, uns in unserem Tun nach wie vor viel zu sehr an den USA orientieren, sondern auch weil die Welt, so wie sie heute ist, kein schöner Ort mehr ist.
erphschwester - 26. Jan, 08:56
Wie hat sich das wohl damals angefühlt, als am "Schwarzen Freitag" 1927 an der Berliner Börse alles in die Brüche ging? Und: Ahnten die Menschen, was in der Folge auf sie zu kommen würde?
Andersherum: Wann würden wir Heutigen wach werden? Wie lange würden wir noch Konzertkarten kaufen oder uns auf die Jagd nach billigen "schicken" Schuhen begeben? Wie lange würden wir noch unsere Nachbarn und Kollegen doof, unsere Kinder unerzogen, unsere Partner unverständig finden, ehe wir merken würden, daß all diese Kleinigkeiten angesichts dessen, was auf uns zu kommt, nicht die allergeringste Rolle spielen?
Angefangen hat es 1927 mit einem Kurssturz von 6.7 Prozent.
Und jetzt lesen Sie mal nach, was gestern an der Börse los war ...
erphschwester - 22. Jan, 06:37
Herr Clement, dachten wir alle, ist Mitglied der SPD. Als solches bestimmte er - eher schlecht als recht, aber immerhin - über das Wohl und Wehe von Wirtschaft und Arbeitslosen, als noch die SPD bestimmte.
Das waren Zeiten ... die wir nicht wiederhaben wollen, weil wir an deren Folgen noch immer böse knabbern. Ganz besonders den Herrn Clement hatten wir gefressen damals, weil er mit seinen Statements wider die faulen und dummen Arbeitslosen eine Art von Kontraproduktivität vorlebte, wie sie in die Politik nicht gehört. Deswegen auch werden sie ihn daheim ´rausgeschmissen haben, damals in NRW, weil er irgendwie immer schon die Dinge bei ihrem schlechtesten Namen zu nennen verstand, obschon er selbst nie ´was Besseres anzubieten hatte.
Herr Clement ist nie so richtig auf die Nase, sondern immer noch ein Treppchen höher gefallen. Was man auch getrost von seiner Entscheidung behaupten kann, die Politik zu verlassen und bei RWE anzuheuern. Die Energiekonzerne und die Herrschaften der letzten Bundesregierung empfanden von jeher eine starke Affinität zueinander. Clement ist nicht der Einzige. Allerdings der Einzige, der nun, da er das RWE-Brot frißt, seine Herkunft nicht nur verleugnet, sondern glatt vergessen hat.
Es zeugt nicht nur von schlechtem Stil, sondern schlicht von Charakterlosigkeit, wenn Clement heute seiner Parteifreundin (die Freundschaft dürfte allerdings inzwischen gekündigt sein) Ypsilanti vorwirft, ihre Energiepolitik ... es ist des Wiederholens nicht wert. Weil´s im Grunde ja gar nicht um die Sache geht, sondern darum, daß Clement inzwischen seine Entscheidung getroffen hat. Er will nicht länger mehr SPD-Mitglied sein (ohnedies schmückte er sich allzu lang mit den für ihn unpassenden Adjektiven "sozial" und "demokratisch"), sondern lieber Vertreter der RWE.
Was ihm letztlich unbenommen bliebe, ginge es nicht um Wahlkampf und darum, daß SPD-Mitglied Clement nun offen gegen seine eigene Parteikollegin spricht und damit einem Herrn Koch (CDU) Wahlkampf betreibt.
Klar sind die Gedanken frei. So frei, daß wir sie von manchereinem am liebsten gar nicht wüßten. Und sowieso gilt: Wenn ich nichts Gescheites zu sagen habe, dann halt ich lieber die Klappe. Aber der Clement hat sich diese Weisheit nie zu Eigen gemacht, vielmehr stets im unpassendsten Moment die Klappe aufgemacht. Sein Image war ihm wurscht, weil´s ja doch stets aufwärts ging.
Und was lernen wir aus dem Fall Clement? (nicht, daß wir´s nicht schon geahnt hätten): In die Politik geht man nicht aus Überzeugung. In die Politik geht man, wenn man keine besonderen Talente, aber dafür ein paar gute Freunde hat, die einem den Weg nach oben ebnen. In die Politik geht man, um Geld zu verdienen, ohne irgendwelche besonderen Leistungen erbringen zu müssen. Je ungeschickter man sich anstellt, umso schneller funktioniert der Aufstieg, weil jeder einen loswerden will, aber keiner vollkommen fallen gelassen wird. In die Politik geht man, um einen netten Job in der Wirtschaft zu kriegen, den man ohne dieses Politik-Gedöhns vorher nie angeboten bekäme. In die Poltik geht man, weil man so schön über Moral reden kann, ohne selbst welche zu haben.
Danke, Herr Clement! Wieder ´was gelernt.
erphschwester - 20. Jan, 12:45
Es ist der Blutdruck, ganz sicherlich. Anders kann ich mir nicht erklären, daß die da dort im Fernsehen ganz entspannt über die Notwendigkeit von "Wirtschaftsförderung" diskutieren, während ich mich - übrigens seit mehr als zwanzig Jahren schon! - frage, welchen Anlaß der gemeine Steuerzahler hat, irgendwelche Subventionen zu finanzieren, die keinem anderen Zweck als der Mehrung des Profits dienen.
Vor mehr als zwanzig Jahren subventionierten wir massiv die Forschung. Wir hätten damals schon wach werden können, als die Ergebnisse der von uns finanzierten Forschung letztlich weder zu mehr Arbeitsplätzen führten, noch zur Teilhabe an irgendwelchen Patenten, die sich aus dieser Forschung ergaben.
Die Firmen, solcherart gefördert, wanderten mit ihrem Patent und ihrer Produktion schon damals in andere, billigere Länder ab, drehten unserer Regierung und damit uns eine lange Nase und scherten sich einen Dreck um die Moral.
Von der Moral redet heute auch nur noch der Herr Storz vom Freitag; für alle anderen Pressevertreter spielt die wie selbstverständlich keine Rolle mehr.
Denn: Moral ist schließlich nur ´was für kleine Leute, denen alleweil erzählt wird, was "man" tut oder eben in der Hauptsache besser nicht tut. Und damit´s der dumme Kleine auch versteht, lauert an jeder Ecke eine Geldstrafe, sogar für Sachen, von denen er bislang gar nicht wußte, daß er´s tun oder besser lassen muß. Dem Kleinen schlagen sie alleweil auf die Finger, um ihn zu disziplinieren. Bei den Großen, so scheint´s, ist Hopfen und Malz verloren. Ihnen ist keine Moral mehr beizubringen. Und sowieso wachen Heerscharen von Anwälten, die dem Großen erklären, bevor er etwas anpackt, wie er´s am Besten tut, ohne sich die Finger zu verbrennen. Subventionen zu kassieren, gehört allemal dazu, da ja unsere Politiker weder den Verstand, noch ein Interesse daran haben, Mechanismen in ihre Subventionspolitik einzuarbeiten, die solcherart Heuschreckenmentalität verhindern.
Die Politiker küssen lieber der Wirtschaft den Arsch, statt sich die Funktionsweisen des profitorientierten Gehirns zu Eigen zu machen.
Warum, das weiß der Herr Clement zu berichten.
erphschwester - 20. Jan, 12:44
Als Koch hat man´s nicht leicht. (Womit ich nicht den Berufsstand meine, auf den dies zweifellos auch und vielleicht sogar mehr zutrifft.) So ein Ministerpräsident vor der Landtagswahl - dem ist jedes Mittel recht, wenn er denn nur punkten kann. und zwar möglichst so viel, daß er gewinnt.
Und damit sieht´s heuer nicht gut aus, gaaar nicht gut. Denn linkser als die SPD wollen wir nicht sein. und die sitzt, mit Frau Ypsilanti, schon auf dem netten Thema Mindestlohn. Von dem Koch folgerichtig und überzeugungsgemäß behauptet, es sei gaaar nicht gut. Wegen der Arbeitsplätze, die der, der Mindestlohn, vernichtet. Naja.
Weswegen man, wie schon bei mancher früheren Wahl, die Fremdenfeindlichkeit für sich entdeckt hat. In Gestalt der gewalttätigen und - natürlich - ausländischen Jugend, die noch mehr und härter bestraft werden muß. Am besten schmeißt man sie raus, ehe man sie teuren Pädagogik-Projekten unterzieht (die, wie ebenfalls die Erfahrung lehrte, ebenso teuer wie sinnlos sind. Denn was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.) Schade nur, daß Herr Koch nicht auch all die anderen raussschmeißen kann, die ihm womöglich sein Abstimmungsergebnis versauen und, leider, deutsch sind. Also so richtig deutsch, nicht eingedeutscht, ohne auch nur die Sprache zu können.
Und weil wir dieses, zumeist muslimische, Ausländerpack, ja irgendwie alle nicht leiden können (denkt Koch), machen wir uns auch keine Gedanken darüber, woher denn diese Grobheit und Unerzogenheit kommt. Andernfalls kämen wir auf die Idee, daß unser - achso sparsames! - Bildungssystem daran Schuld sein könnte. Und über Schuld, bitteschön, wollen wir ja nicht nachdenken. Sondern positiv voran schauen und dabei feststellen, daß es nur weitergeht mit Herrn Koch und seinen Mannen.
In dieser unser aller(?) Hoffen platzt nun auch der Westerwelle rein, Bruder im Geist und in Physiognomie des Koch (und Anführer der Wunsch-Mitregenten) und tönt da laut, er glaube der Ypsilanti nicht, was sie zu ihrer eventuellen Koalition sagt. Nämlich, daß sie nie und nimmer mit den Linken ..., die in den Landtag einzuziehen drohen diesmal, in Ermangelung vernünftiger Wähleralternativen.
Naja, da ist die Ypsilanti ja in schöner Gesellschaft, denn dem Koch, der heuer nicht allzu viel zu sagen hat, glauben wir ja auch irgendwie nicht, selbst wenn er mal die Wahrheit ... aber das tut er schon nicht.
Kurz und gut: Alle, die da heut ihr nettes Geld im Landtag verdienen, auf der Vorder- oder Hinterbank, fangen an zu zittern, daß womöglich dieses Mal ganz echt und ehrlich Herr van Ooyen, adlig oder nicht, aber jedenfalls superlinks, über die Hürde springt. Und zwar mit locker mehr als 5 Prozent, weil nun auch der letzte hessische Wähler kapiert hat, daß Versprechungen im Wahlkampf ... um es vorsichtig zu sagen ... ein wenig fragwürdig sind. Da stellt sich Experimentierfreude ein und auch ein bißchen linke Gesinnung. Schlimmer geht´s nimmer? Klar doch! Geht! Immer! (Wie der Jahresbeginn mit der Großüberwachung beweist. Und das mit den Flugzeugabschüssen schaffen wir auch noch.) Sind wir nicht alle ein bißchen Terrorist? Und sei es auch nur, weil wir - vielleicht - Linkswähler sind.
Der Schlag hinter die Ohren der Frau Zypries, die gefälligst mehr auf die gewalttätige Jugend Acht geben soll, war jedenfalls kontraproduktiv. Meint Merkel, die es so zum Streit mit denen, die ja ihre Macht fundamentieren, auch nicht kommen lassen will. Oder so ähnlich. (In Wahrheit sagte sie, man müsse - klar! - etwas tun. Aber von heut´ auf morgen ginge das nicht.)
Was ganz genehm kam. Also nicht die Sache mit der Zypries, sondern die Zurechtweisung vom Koch, der der Merkel zuweilen ganz schön unangenehm auf die Pelle rückt. Politisch, versteht sich. Sonst hat er ´nen anderen Geschmack. Der übrigens wiederum nichts mit dem vom Westerwelle gemein hat, weil der wiederum ... und das ist auch gut so.
So laut wie derzeit jedenfalls waren die Hessen vor Jahren das letzte Mal. Da ging´s irgendwie auch um die Ausländer, glaube ich, und man konnte tatsächlich punkten.
Aber ehrlich, ihr Hessen, seid ihr noch immer so blöd wie dazumal?
erphschwester - 2. Jan, 18:20