Es ist, wie ich zugebe, ein bißchen langweilig, an aufeinander folgenden Tagen vom gleichen Thema zu berichten.
Aber irgendwie habe ich nicht den Eindruck, daß es das Gleiche ist, von dem ich schreibe, wenn ich das Thema "Bahn" und "Streik" nochmals aufgreife. Was bei dieser Thematik nämlich zunehmend in den Vordergrund tritt, ist nicht die Frage nach der Gerechtigkeit der Löhne der Lokführer, sondern die Frage nach Sinn, Unsinn und Zulässigkeit von Mitteln des Arbeitskampfes, wie Streik eben eines ist.
Es kann ja sein, daß der Deutsche, dank seiner angepaßten Natur, des Streikes bereits entwöhnt ist. Es kann auch sein, daß der Deutsche, dank seines immer weniger auf eigenes Denken orientierten Bildungssystems, nicht mehr über den politischen Überblick verfügt, den Sinn von Arbeitskämpfen zu begreifen. Es kann allerhand sein.
Gleichwohl ist es nichts anderes als Demagogie, wenn nach gestrigem dreistündigem Gespräch, das - wohlgemerkt - mit keinem anderem Ergebnis abschloß, als dem, die Bahn wolle am Montag ein neues Angebot unterbreiten, daß nach einem solch mehr oder weniger ergebnisoffenen Gespräch alle Welt erwartete, die GDL würde die für heute angekündigten Streiks abblasen.
Angebote, man erinnere sich, hatte die Bahn bisher schon einige vorgelegt, die eines wie das andere inakzeptabel waren. Es gibt also keinen Grund zu der Annahme, das Angebot vom kommenden Montag könne irgendwie, man erlaube mir das Wortspiel, "bahnbrechend" sein.
Hingegen hatte die GDL es mit ihrer bisherigen Praxis der fairerweise rechtzeitig angekündigten Streiks bislang nicht sonderlich weit gebracht. Diese gaben der Bahn nämlich jeweils genug Zeit, entweder Einstweilige Verfügungen zu erwirken oder aber Ersatz-Fahrpläne zu erstellen oder Ersatz-Lokführer (die nicht streiken dürfen) zu beschaffen. Streiks wurden damit noch weniger als ein Abklatsch ihrer selbst, wenn nicht gar vollkommen unmöglich oder sinnlos.
Nun ist aber, auch wenn die Praxis inzwischen anders aussieht, der Streik ein probates Mittel des Arbeitskampfes. Imgrunde das einzig wirkungsvolle. Nur, wer sieht, was ihm fehlt, wenn eine Sache nicht da ist, erkennt, was diese Sache wirklich wert ist.
Demagogisch hingegen ist es, wenn seitens der Bahn erklärt wird, die GDL schaffe "gezieltes Chaos" (jaja, so ist nun einmal der Streik), oder im Tagesschau-Kommentar von Anna Kyrielei (RBB) festgestellt wird, es sei "unverständlich", daß die GDL heute streike, obschon die Bahn so großzügig ... siehe oben.
Ich hingegen sehe bei der Bahn keinerlei Großzügigkeit, sondern den Versuch, einen legitimen Arbeitskampf durch rechtliche Maßnahmen zu vereiteln und damit den Börsengang abzusichern.
Wenig großzügig z.B. waren die in den Medien kaum behandelten Bemühungen der Druckausübung auf einzelne Lokführer, indem man vorherige Kurzstreiks zum "Notfall" deklarierte, der den Einsatz eines Notfallsplans rechtfertigt. Mit dem Ergebnis, daß Lokführer, die den Streik nicht als Notfall ansehen mochten, vom Arbeitgeber Bahn dies mit Abmahnungen und Kündigungen "honoriert" bekamen.
Ein Streik ist ein Streik ist ein Streik ist ein Streik - und sonst nichts. Das einzige Mittel des Arbeitnehmers, sich zu wehren, ohne seinen Arbeitsplatz los zu werden. Und: Streik ist ein Recht!
Heute wird ein Berliner Arbeitsrichter entscheiden, ob und inwieweit vor diesem Recht andere Interessen zurück zu treten haben und arbeitsrechtliche Konsequenzen eintreten dürfen oder aber nicht. Und es bleibt abzuwarten, ob sich dieser Richter seiner Verantwortung bewußt ist.
Wenn, wie in den vergangenen Wochen vor anderen Gerichten bereits geschehen, dieser Richter entscheidet, daß monetäre oder Imageprobleme eines Arbeitgebers Vorrang vor dem gesetzlich zulässigen Arbeitskampf haben, kommt dies einem Streikverbot gleich. D A S sollte dieser Richter bei seiner Entscheidung in Betracht ziehen. Denn Arbeitnehmer, die - fiktiver Notfälle wegen - nicht streiken dürfen, verlieren per sé das Recht zum Streik in seiner Gesamtheit.
erphschwester - 12. Okt, 08:49
Werbung, so lernt der moderne Marktwirtschaftler, gehört unabdingbar zum Geschäft. Denn wer, bitteschön, soll eine Ware kaufen wollen, die er nicht kennt? Was natürlich auch für Dienstleistungen gilt. Und irgendwie auch für irgendwelche Personen, die sich "Imagekampagnen" leisten, weil sie es nötig zu haben scheinen.
Aber nicht davon wollen wir reden, sondern vom neuen Werbespot der Bahn. Da menschelt es so nett, daß einem ganz warm wird um´s Herz. Die Bahn betrachte es als ihre vornehmste Aufgabe (natürlich klingt das im Spot viel, viel weniger geschäftsmäßig, sondern eben einfach nur nett), Menschen zueinander zu bringen. Und als Beweis fallen sich da ein paar Leute um den Hals, die noch nicht mitgekriegt haben, daß Auto fahren nicht nur schneller geht, sondern auch billiger ist, meistens.(Vielleicht haben sie auch keinen Führerschein ... mehr - oder so ´was.)
Währenddessen rüstet sich die böse, böse Gewerkschaft der Lokführer, diesem hehren Auftrag entgegen zu wirken und die Menschen eben nicht mehr zusammen bringen zu wollen, weil sie mit Streik droht. Und ich schaue den MDR, der mir erklärt, wo der Unterschied zwischen Bahn(Ost) 1989 und Bahn 2007 liegt: Man braucht länger, muß öfter umsteigen, zahlt wegen unnötig gefahrerener Umwege (auf Grund still gelegter Strecken) mehr, und zwar viel mehr Geld pro Kilometer für mehr Kilometer.
An mir vorbei gegangen ist am Sonntag Abend Anne Wills Gespräch mit Gästen wie Mehdorn und Tiefensee. (Da hörte ich noch seeehr schwer, was, wie mir inzwischen auf den Bildschirm kam, kein Verlust ist, denn beide sollen Schmonsens geredet und Frau Will den GDL-Chef ausgeladen haben.)
Bleibt der rührige Spot, bei dem mir eine simple Rechnung in den Sinn kommt: Eine Werbesekunde im Fernsehen, so habe ich in Erfahrung gebracht, kostet 1000 Euro. Geben wir dem Spot eine Sendedauer von 30 Sekunden, sind das schon 30 000 Euro. Zehn Mal habe allein ich ihn heute gesehen. Sind 300 000 Euro. Allerdings kann ich immer nur einen Sender anschauen. Gehen wir von 20 Sendern aus, die von den Zuschauern regelmäßig tangiert werden, und teilen wir das durch ein rundungsfreudiges Lokführereinkommen, dann wurde allein heute das Einkommen von 4000 Lokführern für das gute Bahn-Image verschleudert.
Pardon, Herr Mehdorn: Ich finde es trotzdem Sch... äääh ... nicht richtig, daß bei all diesen Kampagnen vergessen wird, w e r es ist, der die Menschen zusammen bringt. Das sind, zur Erinnerung, die in Europa beinahe am schlechtesten bezahlten Lokführer, die jetzt nichts anderes verlangen als das, was man ihnen seit Jahren schon vorenthält.
Is mir schon klar, Herr Mehdorn, daß Sie das nicht verstehen, weil Sie ja´n paar Euro im Monat mehr kriegen (wir reden nicht von verdienen!) und der Tiefensee auch nicht (d e m genügt für sein domm´s Geschwätz die eventuelle Aussicht, einmal Ihre Nachfolge anzutreten), aber man kann doch wenigstens mal v e r s u c h e n, sich in so ein armes Lokführerschwein ´rein zu versetzen. Die Gefühle der von Ihnen zusammen geführten Menschen auf den Bahnsteigen verstehen Sie doch auch. Oder ist das alles nur PR?
erphschwester - 10. Okt, 10:50
Dieser Tage hörten wir ein weiteres Mal vom Pflegenotstand, der ja irgendwie nicht so ganz neu ist.
Während jedoch in der Vergangenheit verdeutlicht wurde, daß man im - finanziellen - Notfall eben ein bißchen mehr sparen müßte und daraufhin ein paar Krankenschwestern, Pfleger und Ärzte wegließ (um die verbliebenen "ein bißchen" mehr arbeiten zu lassen), was wiederum dazu führte, daß auch die verbliebenen sich auf die Suche nach einem Leben mit Job, aber immerhin auch etwas Leben begaben und bei dieser Suche Skandinavien und Großbritannien fanden ... nachdem also in der Vergangenheit dem Notstand entschlossen entgegen getreten wurde, stellt man nun fest, daß alle Aktionen so richtig nichts geholfen hatten.
Viele Krankenhäuser befinden sich mehr denn je am finanziellen Abgrund. Und wer nicht unbedingt, unbedingt muß, wird als vernünftiger Mensch in deutschen Landen einen Teufel tun, in ein Krankenhaus zu gehen. Denn: Krankenhäuser machen krank. Weil es zu wenig Personal gibt, weil deswegen verspätete und/oder falsche Diagnosen drohen, katastrophale hygienische Zustände herrschen und die Freundlichkeit der überlasteten Ärzte und Schwestern auch sehr zu wünschen übrig läßt.
Kurzum: Krankenhäuser sind ein Ort, an den wir uns nicht nur deswegen ungern begeben, weil uns in diesem Falle die Gesundheit abhanden gekommen ist, sondern weil man sich gerne überlegt (so man noch den Hauch einer Wahl hat) ob - wenn´s denn schon sein muß - man lieber unter netten, vertrauten Menschen und im eigenen Bett oder aber im Krankenhaus stirbt.
Keine Wahl haben jene, die weniger fatalistisch veranlagt sind als ich und an ihrem Leben hängen. Besonders, wenn sie irgend ein neues Organ brauchen, gehen der notwendigen Transplantation häufig lästige und langwierige Krankenhausbehandlungen voraus, die sich nicht vermeiden lassen.
Organe sind knapp, denn obschon die Menschen wie eh und je nicht nur geboren werden, sondern eben auch sterben, fehlt bei den meisten ein eindeutiges Bekenntnis zur Spendenbereitschaft, weshalb man sie mitsamt all ihren schönen und so heiß ersehnten Organen verbuddelt, statt diese anderen einzusetzen, die eben noch nicht tot sind und es auch möglichst lange nicht sein möchten.
Nun hört man von Kliniken, die zur Behebung des oben beschriebenen Notstandes sich auf eine Art Transplantationstourismus eingestellt haben. Sie warten mit Krankenzimmern auf, die einem Fünf-Sterne-Hotel gut zu Gesicht stünden und obendrein noch Satelitenfernsehen aus aller Herren Länder empfangen. Und sie freuen sich auf die "Gäste", die mit einem neuen Organ und wiederhergestellter Gesundheit abreisen und dafür allerhand gutes Geld da lassen, das für die Notstandsbehebung dringend gebraucht wird.
Und wer sich da nun fragt, wie das angesichts der ohnehin schon begrenzten Organreserven möglich ist, die hiesigen Patienten oft jahrelange Wartezeiten bescheren, dem sei geantwortet: Das Transplantationsgesetz macht es möglich.
Da nämlich richtet sich die Wartezeit nach Dringlichkeit, die - man ahnt es - von Ärzten festgelegt wird.
Ein Schelm, der nun schlußfolgern würde, daß die Dringlichkeit bei zahlenden Gästen womöglich immer ein kleines bißchen größer ist als beim gemeinen Kassenpatienten ...
erphschwester - 9. Okt, 12:02
Manch einer sucht die Stille. Andere finden sie, ohne sie gesucht zu haben.
Ich, zum Beispiel, habe nicht gesucht, aber doch irgendwie gefunden. Wobei so ein Hörsturz keine wirklich ruhige Sache ist. Denn meist wird er begleitet von etwas, das ich "weißes Rauschen" getauft habe.
Zunächst meinte der Ohrenarzt ja, es sei damit getan, daß er mir irgendwelche tunlichst nicht näher zu beschreibenden Dinge aus dem Ohr herausgeholt hatte. Stolz auf sich selbst verkündete er: "So, jetzt müßte es wieder gehen!"
Neben der Erleichterung, diese nicht schmerzfreie Prozedur überstanden zu haben, konnte ich seine Rede nicht bestätigen, nahm mir allerdings vor, der Sache ein paar Stunden Zeit zu geben.
Der Hörtest am nächsten Tag brachte die Gewißheit, daß eben doch nicht alles erledigt war, sondern gerade erst losgegangen. (Und für die, die sich jetzt fragen, wie man mit einem Hörsturz Reden welcher Art auch immer verfolgen kann, sei gesagt, daß es auch einseitige "Schlaganfälle" im Ohr gibt. Sprich: Links hör(t)e ich, neben dem "weißen Rauschen" durchaus auch ganz reale Dinge.)
Wie auch immer: Man infusioniert mich nun und hat mir, neben den obligatorischen Tabletten, auch noch eine Magnetfeldtherapie aufgeschwatzt, an die, wie meine Chefin sagt, man glauben muß. Nun ja, ich kann mir durchaus vorstellen, daß die feinen Härchen, die für das Hören zuständig sind, irgendwie auf irgendwelche Felder reagieren. Und wenn nicht, habe ich jedenfalls nichts unversucht gelassen. Oder doch: Den Sauerstoff, den man mir über eine formschöne Maske zuführen wollte, ebenso selbstzahlpflichtig wie das Magnetfeld, habe ich nach einem kurzen Versuch abgelehnt. Meine angeschlagenen Bronchien wehren sich ganz entschieden gegen etwas, das so rein ist.
Nun liege ich also jeden Vormittag auf einem netten Relaxstuhl zusammen mit fünf anderen Kandidaten gleichen Krankheitsbildes und bekämpfe den Streß, der als Ursache für derlei Leiden genannt wird. (Natürlich haben wir jeder einen eigenen Stuhl!) Ob alt, jung oder irgendwo mittendrin, ob Managertyp, Rentner oder Öko - irgendwie macht diese Sache anscheinend vor niemandem halt. Was schon auch beruhigend ist. Ich wüßte nicht, was ich ernsthaft verkehrt gemacht hätte.
Einen aber habe ich heute gesehen, bei d e m weiß ich, was verkehrt läuft. Man stelle sich vor: Da liegen fünf Leute, schon allein wegen ihrer Aufmachung vollkommen kommunikationsunfähig (im Arm die Nadel, an der die Infusion hängt, auf dem Kopf der Hörer mit den Magnetwellen, auf dem Gesicht die Maske mit dem Sauerstoff) und tun, auch aus naheliegenden Vernunftgründen, nichts anderes, als die Stille zu pflegen. Plötzlich kommt er ´rein, sitzt noch gar nicht richtig, als schon sein Telefon läutet (was ansich bereits eine Frechheit ist und nur dem Umstand geschuldet sein kann, daß man sich auf die mangelnde Hörfähigkeit der anderen verläßt). Mit ungebremster Stimme fragt er, leicht ungeduldig, weil er in einer "Besprechung" sei, was denn nun wäre. Und endet nach kurzem Wortwechsel damit, daß er sich wieder melden würde. Um das tun zu können, muß er ein weiteres Gespräch führen, was er tut, ebenso ungeduldig, mit dem gleichen Verweis auf eine laufende "Besprechung". Dann ruft er den ersten Anrufer zurück und erteilt ihm Instruktionen.
Meine Infusionszeit war derweil vorbei, was ich durchaus begrüßte, weil ich meine, man sollte im Kampf gegen den eigenen Streß sich nicht auch noch den von anderen Leuten aufladen. Ich denke auch, wär´s nicht ein ortsbekannter Unternehmer gewesen, hätte man ihn wohl der Aufruhr wegen, die er verursachte, zurecht gewiesen.
So aber bleibt nur das Fazit, daß zumindest bei d e m d a klar ist, warum er sich mit Tinnitus, Hörsturz oder was auch immer ´rumplagt. Es sei anderen überlassen, ihm klar zu machen, daß Geld nicht alles ist. Schon gar nichts, womit man sich ein langes Leben kaufen könnte ...
erphschwester - 8. Okt, 13:31
Bewegen wir uns, wie so oft, wieder einmal mental nach Amerika. Dort, selbst an den uninteressiertesten Menschen ist das nicht vorbei gegangen, herrscht (immernoch und, wie sich zunehmend herausstellt: schon viel zu lang) der Mr. Bush. Dessen einziges Talent ist es, dumm zu grinsen, dumme Sprüche zu klopfen und unpopuläre Entscheidungen zu treffen.
Die letzte seiner Entscheidungen war die, das Sozialprogramm zur Übernahme der Gesundheitsausgaben für Kinder aus einkommensschwachen Familien zu stoppen. Seine Begründung hierfür ist ausnehmend schwach. Vertritt er doch die Auffassung, daß bei Bewilligung des Programms künftig der Staat für derlei Dinge in die Pflicht genommen würde, obschon sie doch zweifelsfrei in den Bereich der privaten Versicherungen gehören.
Nicht nur, daß Mr. Bush damit - wieder einmal - als amerikanischer Vorreiter für eine Sache gelten kann, die sich im Trend auch hier in Deutschland zu entwickeln beginnt (schließlich wird uns hundert Jahre nach Bismarcks Entscheidung, dies solle anders sein, zunehmend klar gemacht, daß Väterchen Staat mit unserer Gesundheit möglichst wenig zu tun haben möchte), verkennt er mit dieser seiner Entscheidung wesentliche Tatsachen. Nämlich die z.B., daß die (auch hier sehen wir amerikanische Vorreiterschaft) zunehmende Anzahl an Niedriglöhnern sich den Luxus einer Krankheitsvorsorge nicht mehr leisten kann.
Im Kontext mit seiner neulich getroffenen Entscheidung, für den Irak-Krieg weitere 700 Milliarden Dollar geben zu wollen, den Kindern jedoch nicht einmal die auf fünf Jahre verteilten 35 Milliarden, sind damit wieder einmal die Prioritäten klar: Es geht in der heutigen Politik nicht mehr um das, was sozial ist, sondern um das, was einige wenige Reiche noch reicher macht. Mithin ist so ein Staat kein Konstrukt, das dem Gemeinwesen dienen soll, sondern - wie schon der olle Marx zu vermelden wußte - "das Machtinstrument der herrschenden Klasse".
So wird die viel gepriesene Freiheit im kapitalistischen System zunehmend zur Freiheit, arm und bar jeder Fürsorge zu sein. Natürlich ist d a s die Freiheit, die wir alle uns immer schon gewünscht haben!
Übrigens hält Mr.Bush seine Entscheidung für durchaus sinnträchtig. In einer Zeit, da der Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen schon angelaufen ist, möchte er demonstrieren, daß seine Gegner (die schon lange von einem Gesundheitsprogramm reden) ein verschwenderisches Pack sind, während er doch sooo gut sparen kann.
Nana, Mr.Bush: Die 700 Milliarden für den Irak sind nicht nur weitaus höher, sondern auch sehr viel umpopulärer und noch nicht vergessen.
Nicht einmal die Vertreter von Bush´s eigener Partei fühlen sich bei diesem Gedanken sonderlich wohl. Jedenfalls billigt man einer Abstimmung in beiden Häusern, die die Entscheidung des Präsidenten mit einer zwei-Drittel-Mehrheit kippen könnte, einigen Erfolg zu.
Man muß schon seeehr dumm sein, es auf solch eine Abstimmungsniederlage ankommen zu lassen.
erphschwester - 4. Okt, 14:45
Seit Tagen geistert eine Meldung durch die Medien, deren Sinn sich mir nur emotional erschließt. Ich kann gegen die sich selbst knüpfenden Gedankenverbindungen praktisch nichts machen, obwohl ich mir darüber im Klaren bin, daß genau diese Verbindungen geknüpft werden sollen, ohne daß auch nur ein Wort geschrieben stünde, welches mir diese Verknüpfungen anempfiehlt.
Kurzum: Wir erfahren, daß der Erpresser von Tom Cruise in seiner Wohnung tot aufgefunden wurde. Es sei, auch das erfahren wir, nach den Ermittlungen zur Todesursache von Selbstmord auszugehen.
Für die, die von einer Erpressung bis dahin nichts wußten, wird ausgeführt, daß Tom Cruise erpreßt wurde mit heimlich gefertigten Bildern seiner Hochzeit, für die der Erpresser eine Million Dollar hatte haben wollen.
Was in der Meldung schon nicht mehr drin steht, weil jeder es sowieso weiß, ist Folgendes: Tom Cruise, der in den vergangenen Jahren weniger durch seine Tätigkeit als Schauspieler, mehr aber durch seine Mitgliedschaft bei Scientology in die Schlagzeilen geriet, hatte höchstes Interesse daran, die Zeremonie seiner Hochzeit nicht nur privat, sondern wirklich geheim zu halten, weil sie nach Art und Weise seiner Sekte durchgeführt worden sein soll.
Zwar gibt sich Scientology gern als normale Glaubensgemeinschaft, aber gleichzeitig zehrt man dort von dem geheimnisvollen Image, das Scientology umweht. Immer wieder ist die Rede von Methoden der Gehirnwäsche einerseits, aber auch von einer riesigen Geldmaschine, vermittels derer man in die großen Schaltzentralen der Welt Zutritt gefunden und dort Einfluß gewonnen hat. Öffentlich werden zuweilen mental-aggressive Auftritte von Scientology-Vertretern und deren juristischem Geschwader.
Man kommt weder an die Sekte ´ran, noch an deren bekennende (und großzügig geldgebende) Mitglieder.
Vor dem Hintergrund dieser allgemein bekannten Informationen und der Ahnung, daß man in dieser Sekte auch vor wenig legalen Methoden nicht halt macht, fragt sich Otto Normalverbraucher, wie denn nun genau dieser Erpresser den Tod gefunden hat.
Und nur mit dem Hintergrund dieser als bekannt vorausgesetzten Informationen macht die obige Meldung erst einen Sinn. Eben weil so ein Erpresser, von dem man vorher nichts wußte, ja eigentlich vollkommen uninteressant wäre, würde man sich nicht fragen müssen, wie und warum er den Tod gefunden hat. So ein gescheiterter Erpressungsversuch ansich ist ja erst einmal kein Grund zum Selbstmord.
Unterschwellig wird für den, der mag, auch noch folgende Botschaft transportiert: Tom Cruise, umstrittener Darsteller von Stauffenberg, durfte erst nicht, dann aber doch an Originalschauplätzen drehen. Ein gutes Wort hatte für ihn der Herr v.D. eingelegt. (Welch Letzterer inzwischen durch seinen großen Filmerfolg über die Stasi mit mehr als nur einem Bein in Hollywood steht.) Über Herr v.D.´s Senkrechtstart mag man sich wundern oder auch nicht; erstaunlich jedenfalls ist sein plötzlicher Einfluß, der vielleicht nicht allein auf die goldene Statue zurück zu führen ist, die seit ein paar Monaten seine Vitrine ziert.
Ganz böse Verschwörungstheoretiker könnten sogar annehmen, daß erst der Einfluß war und dann das goldene Männlein.
Ich persönlich fände dann (wäre ich eine von diesen Verschwörungstheoretikern, was ich nicht bin) auch noch die Idee prickelnd, daß M.G. nicht mit zur Verleihung durfte, weil sie nicht nur als Frau in diesen Truppen nicht viel zu sagen, sondern weil sie womöglich erkannt hat, in welchen unerfreulichen Kreisen sie sich da bewegt.
Womit, wieder einmal, bewiesen wäre, daß das Interessante an mancherlei Meldungen nicht das ist, was drin steht, sondern das, was wir bei ihnen assoziieren (sollen).
ICH GLAUBE VON DIESEM GANZEN QUATSCH NATÜRLICH NICHT DAS KLEINSTE BISSCHEN.
erphschwester - 2. Okt, 09:45
Eine Gelegenheit, immer wieder gern genutzt, von den eigenen Problemen abzulenken, ist die, auf andere zu zeigen. Getreu dem biblischen Motto: "Was kümmert mich der Balken in meinem eigenen Auge, solange ich noch den Splitter im Auge des anderen sehen kann?"
Menschenfreund Dabbeljuh erinnerte sich dieser Tage wieder dieser Erkenntnis und wies, nachdem er sich kurz zuvor demonstrativ aus Klimasachen herausgehalten hatte, mit starkem Arm und mächtiger Stimme nach Birma. Wie es amerikanische Präsidenten so oft taten, kündigte auch der Schorsch an, er werde da ganz mächtig ... was auch immer tun, um die Freiheit und ... blahblahblah.
So schlecht es den Birmesen auch gehen mag, und das seit Jahrzehnten schon, so wenig haben wir alle uns in der Vergangenheit dafür interessiert. Bush und Vorgänger sind in dieser Zeit in allerhand andere Länder eingedrungen, haben Macht, Präsenz und am Ende jeweils auch Hilflosigkeit demonstriert und jederman klar gemacht, daß es in Wahrheit nicht um Freiheit, sondern um die Ölquellen und den Einfluß in dieser Welt geht. So daß man getrost davon ausgehen kann, daß er auch künftig Birma Birma sein läßt und das Säbelrasseln schnell wieder verhallen wird.
Asien, so viel haben die amerikanischen Regierungen lernen müssen, ist einfach zu schwierig und letztlich nicht interessant genug, irgend welche Kriege als lohnenswert erscheinen zu lassen. Und sowieso hat Amerika mit dem Irak noch genug Probleme an der Backe, dort und auch im eigenen Land, als daß man sich ein neues "Tätigkeitsfeld" aufbürden würde, solange das alte noch genug Belastung hergibt.
Und was uns andere, Nicht-Amerikaner angeht, zeigt sich nun, nach welchen Gesetzen Politik und auch Berichterstattung funktioniert. Letztere erst einmal gar nicht, wenn die Informationskanäle gesperrt sind, weil ein Land, das sowieso unterentwickelt ist, die paar Drähte auch noch kappt.
Selbst Reporter im Land berichten inzwischen differenziert, weil sie in manchen Orten so gar keine Proteste wahrnehmen können oder aber sogar Gegendemonstrationen aufkommen, die man natürlich für staatlich organisiert hält.
Man mag derlei hier nicht hören. Nicht nur, weil die demonstrierenden buddhistischen Mönche so hübsch aussahen, sondern auch, weil wir die Gerechtigkeit wieder einmal für uns entdeckt haben. Es muß doch ´was passieren, wo es so ungerecht zugeht. Und da muß man doch ´was tun. Und am lautesten schreien die Birmesen, die bereits seit Jahren außer Landes sind und die eigene Haut ins Trockene gebracht haben, während es im Lande nach wie vor an einer organisierten Opposition gebricht. Denn es reicht nicht, auf die Demo zu gehen; man muß es selbst auch besser machen können.
Am Ende wird Birma, wie so viele vermeintliche Großereignisse in der Politik, im Orkus des globalen Vergessens verschwinden. Und das vermutlich schon bald.
erphschwester - 1. Okt, 10:57
Herr Dreßler (SPD) war bei Frau Maischberger. Was insofern eine Besonderheit ist, als nur ältere Leser noch den Dreßler kennen. Der nämlich war im (politischen) Asyl, nachdem er sich seinerzeit nicht so gut mit dem Schröder verstanden hatte. Aus gutem Grund, denn Dreßler fand HartzIV wirklich Sch... äääh, nicht so gut. Er selber nennt das heute noch "bedenklich", weil - man ahnt es - er mit seinen 66 Jahren eine andere Vorstellung von Sozialdemokratie hat als die Folgegenereation(en). (Die finden, daß sozialdemokratisch weder sozial, noch demokratisch sein müsse; warum auch immer sie sich dann noch so nennen.)
Nunja, Dreßler mußte, trotz aller sozial-demokratischen Statements, auch heute noch kontra HartzIV, zugeben, daß die Privatisierung der Post richtig war. Was immerhin redlich ist, weil ... er hätte die Sache leicht dem Kohl unterschieben können, unter dessen Regierung das "passierte". Und eigentlich ist das heute, wo alles beinahe ausgestanden ist, ein alter Hut. Wäre da nicht der Tiefensee. Der sich nicht schnell genug damit tun kann, die gleiche Geschichte mit der Bahn durchzuziehen. Tiefensee äußerte sehr bedauernd, daß die Teilprivatisierung nicht vor Ende 2008 stattfinden könne.
Und daß er die Privatisierungsgegner nicht verstehen könne, hat er auch gesagt, denn private Aktionäre sollten an der Sanierung des Schienennetzes beteiligt werden.
Nun wissen wir allerdings, daß die Privaten eher nicht so gern investieren, sondern lieber profitieren. Was ihnen keiner wirklich übel nimmt, weil sie ja dazu da sind, Profit zu machen; das liegt sozusagen in ihrer Natur. Investiert wird nur dort, wo der Profit "maximiert" werden kann. Und irgendwo muß das Geld für die Investitionen ja schließlich herkommen. So ein Privataktionär ist ja kein Wohlfahrtsunternehmen. Sprich: Wer die Ware oder Leistung dann unbedingt haben will, der soll den ganzen Quatsch bezahlen, über die Preise, die bei der Bahn jetzt schon kein Geschenk sind. Gar nicht zu reden von den Strecken, die schon heute nicht gewinnträchtig sind, aber eben betrieben werden, um nicht jede Menge Leute von ihrem Arbeitsplatz abzuschneiden. Ob da in Zukunft noch Rücksicht drauf genommen werden kann?
Herr Dreßler jedenfalls war ein bißchen hin- und her gerissen, weil man sich einerseits den Zeichen der neuen Zeit nicht verschließen kann, aber andererseits viele Sachen, die heute passieren, alles andere als sozial sind (von der Demokratie mal ganz angesehen). Und am Ende hat ihm Frau Maischberger ein Beitrittsformular für die LINKEn angeboten, das er vorsichtshalber auch schon mal genommen hat.
Neee, ja, is klar! Kann ich gut verstehen.
Weil ... diese Woche hat mich so ein Jüngelchen von der Forsa angerufen und wollte meine Meinung wissen. Na, bei mir sind die da goldrichtig! Denn immerhin habe ich eine. Auch, wenn sie der Bursche so recht nicht hat begreifen können. Weil ich ihm nämlich anvertraute, daß die einzige nach meiner Ansicht wählbare Partei eben die LINKE ist.
Natürlich wollte der wissen, ob ich glaube, daß die das alles besser machen könnten. Er selbst hätte neulich die Frau Wagenkecht gehört. So wirklich klug finde er die nicht.
Aber da hab ich ihm erklärt, daß Frau Wagenknecht schließlich ein hübsches Ding ist und deswegen nicht auch noch klug sein müsse. Übrigens w o l l e ich gar nicht, daß die LINKEn eine Chance kriegen, irgendwas besser oder schlechter zu machen. Weil die doch in die Opposition gehören. Und jede Regierung ist ja nur so gut wie das schlechte Gewissen, das ihr die Opposition einredet. (Wer mag, kann jetzt ein bißchen singen:"Oh, wie schön, oh, wie schön, ist´s in der Opposition!")
Aber eigentlich hatte sich das Forsa-Jüngelchen für meine Einstellung zur hessischen Politik interessiert und wollte wissen, wen ich mir in die Regierung wünsche. Den Einwand, daß wünschen eine Sache ist, aber gewählt werden, eine andere, den mochte er nicht gelten lassen. Und also bot er mir an, ich dürfe ein bißchen vor mich hin träumen. (Er ahnte nicht, daß Träumer sozusagen mein zweiter Beruf ist.) Meine Entscheidung für eine Koalition (anders können die alle ja nicht mehr) aus SPD und FDP fand er immerhin erstaunlich. (Er hatte mein taktisches Prinzip noch immer nicht verstanden.)
Ich erläuterte ihm, daß eine gute Opposition die eine Sache ist; eine andere, meiner Ansicht nach bessere noch, sei die, eine oppositionelle Kraft gleich mit im Boot zu haben. Da kriegt Politik gleich wieder einen größeren Unterhaltungswert und irgendwie eine menschliche Komponente ("Zwei Herzen schlagen, ach, in meiner Brust.")
Oder wie erklären Sie sich das Zustandekommen der derzeitigen Bundesregierung?
PS: Ich fürchte nur, daß meine Telefonnummer jetzt bei den Meinungsforschungsinstituten als Horrormeldung ´rumgereicht wird. ("Brauchse nich anrufen. Die Alte hatn Knall, versaut alle Umfragewerte. Was soll man denn damit anfangen?") Und das, wo ich doch so gern meine Meinung sage. Immerhin hab ich eine ...
erphschwester - 23. Sep, 10:44