Kraftlos
Menschen lieben Rituale. Sie sind oft ganz einfach und erfüllen uns doch mit Zufriedenheit, wenn nicht gar Glück. Warum auch immer. Vielleicht bedeuten Rituale, dass Menschen sich verstehen, was immerhin etwas ist in einer Zeit, da jeder so unheimlich individuell ist, dass er am Ende ziemlich allein da steht. Rituale also schaffen Verbindungen zwischen Menschen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben.
Gestern zum Beispiel hatte ich bei meinem Getränkehändler die Idee, meinen Einkauf, selber einzupacken, was dieser sehr übel vermerkte. Sollte das womöglich heissen, dass ich ihn nicht mehr leiden kann? Jedenfalls traute er sich heute erst nach Rückfrage, meine Flaschen in den Einkaufsbeutel zu verstauen.
Mein Zeitungshändler und ich sind weniger animos. Es beginnt stets damit, dass ich, während der Kunde vor mir fertig bedient wird, die Schlagzeilen der großen Zeitungen lese und dann in die kleine Bude werfe. Da mein Zeitungshändler die Sachen nicht nur verkauft, sondern auch selbst liest, manchmal vom Radio im Hintergrund untermalt, berichtet er mir darauf hin das Neueste.
Heute zum Beispiel ist Althaus zurück getreten. Den er, so als Mensch, doch eigentlich ganz nett fand. Ich wende ein, dass dieser Blödmann Kreationist ist, wovon mein Zeitungshändler keine Ahnung hat. Ich erkläre und teile mit, dass Kreationisten ein Rückschritt in der Menschheitsgeschichte und obendrein saublöd sind, von Nettigkeit keine Spur. (Neue Faschisten, schießt es mir durch den Kopf, aber das sage ich nicht.)
Sein Wahlkampf, also der vom Althaus, sei saft- und kraftlos gewesen, sage ich. Aber so sei er doch in der ganzen Republik, meint der Zeitungshändler. Ich stimme ihm zu und weiss auch den Grund: Warum sich anstrengen? Entweder der Wähler ist blöde und wählt irgendwie mittig, wobei es egal ist, was denn nun genau. Mitterechts, Mittelinks, liberal - scheißegal. Oder aber der Wähler driftet an die Kanten, rechts - links ... wenns Protest ist, dann isses auch egal. Und immerhin sind die Linken nicht ganz so sinnentleert wie die anderen, die nur immerzu die alten Parolen wiederkäuen. Selbst die konservativen Moderatoren der Landtagswahlen kriegten bei der Rote-Socken-Diskussion vom Herrn Niebel das große Gähnen.
Am Ende verständigten wir uns darauf, dass die Linken trotzdem bundesweit nicht über die zehn Prozent kommen, nicht mal aus Protest, und alles wieder bei der großen Koalition enden wird.
Es sei denn, allerhand langjährige Nichtwähler gingen plötzlich hin.
Es sei denn ...
Gestern zum Beispiel hatte ich bei meinem Getränkehändler die Idee, meinen Einkauf, selber einzupacken, was dieser sehr übel vermerkte. Sollte das womöglich heissen, dass ich ihn nicht mehr leiden kann? Jedenfalls traute er sich heute erst nach Rückfrage, meine Flaschen in den Einkaufsbeutel zu verstauen.
Mein Zeitungshändler und ich sind weniger animos. Es beginnt stets damit, dass ich, während der Kunde vor mir fertig bedient wird, die Schlagzeilen der großen Zeitungen lese und dann in die kleine Bude werfe. Da mein Zeitungshändler die Sachen nicht nur verkauft, sondern auch selbst liest, manchmal vom Radio im Hintergrund untermalt, berichtet er mir darauf hin das Neueste.
Heute zum Beispiel ist Althaus zurück getreten. Den er, so als Mensch, doch eigentlich ganz nett fand. Ich wende ein, dass dieser Blödmann Kreationist ist, wovon mein Zeitungshändler keine Ahnung hat. Ich erkläre und teile mit, dass Kreationisten ein Rückschritt in der Menschheitsgeschichte und obendrein saublöd sind, von Nettigkeit keine Spur. (Neue Faschisten, schießt es mir durch den Kopf, aber das sage ich nicht.)
Sein Wahlkampf, also der vom Althaus, sei saft- und kraftlos gewesen, sage ich. Aber so sei er doch in der ganzen Republik, meint der Zeitungshändler. Ich stimme ihm zu und weiss auch den Grund: Warum sich anstrengen? Entweder der Wähler ist blöde und wählt irgendwie mittig, wobei es egal ist, was denn nun genau. Mitterechts, Mittelinks, liberal - scheißegal. Oder aber der Wähler driftet an die Kanten, rechts - links ... wenns Protest ist, dann isses auch egal. Und immerhin sind die Linken nicht ganz so sinnentleert wie die anderen, die nur immerzu die alten Parolen wiederkäuen. Selbst die konservativen Moderatoren der Landtagswahlen kriegten bei der Rote-Socken-Diskussion vom Herrn Niebel das große Gähnen.
Am Ende verständigten wir uns darauf, dass die Linken trotzdem bundesweit nicht über die zehn Prozent kommen, nicht mal aus Protest, und alles wieder bei der großen Koalition enden wird.
Es sei denn, allerhand langjährige Nichtwähler gingen plötzlich hin.
Es sei denn ...
erphschwester - 3. Sep, 19:19
es sei denn...?
ich habs dir doch schon gesagt. egal, was ich darüber denke, ich kann mich nicht in die ddr zurück-wählen. nicht in die, aus der ich grade mal so lebend entkam.
ansonsten wünsche ich den "etablierten" parteien von herzen ein solches desaster, dass ihnen der himmel auf den kopf fällt.
und was die individualisten angeht, naja, der gegenstrom des mainstreams ist mittlerweile so überfüllt, dass alle die individualisten, die da übereinander geschichtet sind, schon dank blanker masse nicht untergehen würden.
Die
Ich befuerchte Wiederholungen, wie im Fernsehen.
naja,
aber nicht das war es, was du meintest. ist mir schon klar. FARCE ist ein gutes stichwort, wenngleich wir sehr viel näher dran sind, als uns lieb sein kann. zusammen mit dem politischen desinteresse der allgemeinheit geht ein vorauseilender gehorsam in allen richtungen einher, der mich schaudern lässt. und wenn scheinbar normale 20jährige so erzkonservativ sind, dass der wahlomat bei ihnen die cdu ausspuckt, dann ist eh was faul.