Nestbeschmutzer ... oder: Wes Brot ich ess´...

Herr Clement, dachten wir alle, ist Mitglied der SPD. Als solches bestimmte er - eher schlecht als recht, aber immerhin - über das Wohl und Wehe von Wirtschaft und Arbeitslosen, als noch die SPD bestimmte.

Das waren Zeiten ... die wir nicht wiederhaben wollen, weil wir an deren Folgen noch immer böse knabbern. Ganz besonders den Herrn Clement hatten wir gefressen damals, weil er mit seinen Statements wider die faulen und dummen Arbeitslosen eine Art von Kontraproduktivität vorlebte, wie sie in die Politik nicht gehört. Deswegen auch werden sie ihn daheim ´rausgeschmissen haben, damals in NRW, weil er irgendwie immer schon die Dinge bei ihrem schlechtesten Namen zu nennen verstand, obschon er selbst nie ´was Besseres anzubieten hatte.

Herr Clement ist nie so richtig auf die Nase, sondern immer noch ein Treppchen höher gefallen. Was man auch getrost von seiner Entscheidung behaupten kann, die Politik zu verlassen und bei RWE anzuheuern. Die Energiekonzerne und die Herrschaften der letzten Bundesregierung empfanden von jeher eine starke Affinität zueinander. Clement ist nicht der Einzige. Allerdings der Einzige, der nun, da er das RWE-Brot frißt, seine Herkunft nicht nur verleugnet, sondern glatt vergessen hat.

Es zeugt nicht nur von schlechtem Stil, sondern schlicht von Charakterlosigkeit, wenn Clement heute seiner Parteifreundin (die Freundschaft dürfte allerdings inzwischen gekündigt sein) Ypsilanti vorwirft, ihre Energiepolitik ... es ist des Wiederholens nicht wert. Weil´s im Grunde ja gar nicht um die Sache geht, sondern darum, daß Clement inzwischen seine Entscheidung getroffen hat. Er will nicht länger mehr SPD-Mitglied sein (ohnedies schmückte er sich allzu lang mit den für ihn unpassenden Adjektiven "sozial" und "demokratisch"), sondern lieber Vertreter der RWE.
Was ihm letztlich unbenommen bliebe, ginge es nicht um Wahlkampf und darum, daß SPD-Mitglied Clement nun offen gegen seine eigene Parteikollegin spricht und damit einem Herrn Koch (CDU) Wahlkampf betreibt.

Klar sind die Gedanken frei. So frei, daß wir sie von manchereinem am liebsten gar nicht wüßten. Und sowieso gilt: Wenn ich nichts Gescheites zu sagen habe, dann halt ich lieber die Klappe. Aber der Clement hat sich diese Weisheit nie zu Eigen gemacht, vielmehr stets im unpassendsten Moment die Klappe aufgemacht. Sein Image war ihm wurscht, weil´s ja doch stets aufwärts ging.

Und was lernen wir aus dem Fall Clement? (nicht, daß wir´s nicht schon geahnt hätten): In die Politik geht man nicht aus Überzeugung. In die Politik geht man, wenn man keine besonderen Talente, aber dafür ein paar gute Freunde hat, die einem den Weg nach oben ebnen. In die Politik geht man, um Geld zu verdienen, ohne irgendwelche besonderen Leistungen erbringen zu müssen. Je ungeschickter man sich anstellt, umso schneller funktioniert der Aufstieg, weil jeder einen loswerden will, aber keiner vollkommen fallen gelassen wird. In die Politik geht man, um einen netten Job in der Wirtschaft zu kriegen, den man ohne dieses Politik-Gedöhns vorher nie angeboten bekäme. In die Poltik geht man, weil man so schön über Moral reden kann, ohne selbst welche zu haben.

Danke, Herr Clement! Wieder ´was gelernt.
pathologe - 22. Jan, 08:50

Und

so ändern sich eben die Zeiten. Früher, und dieses früher existiert noch in Afrika, ja früher, da ging man aus genau diesen Beweggründen in die Kirche. Nicht als einer der vielen, kleinen Gläubigen, die Sonntags ihre letzte Habe der bedürftigen Institution opfern und hoffen, daraus einen Lebensvorteil aus göttlicher Hand zu erzielen. Nein, man ging in die Kirche und wurde Priester, Bischof oder sogar Papst. Denn früher wurde das, was heute die Politik macht,von der Kirche ausgeübt: der Verkauf von Vorstellungen und Ideen, derer man auch mit größter Anstrengung physisch nicht habhaft werden konnte. Und deren Verkauf nur demjenigen nutzte, der sie verkaufte. Sollte mal eine Vorstellung sich nicht erfüllen, so wurde die Verantwortung oder Schuld dem Bittsteller zugeschoben, der nicht christlich genug lebte.

Und heute? Nun, Vollbeschäftigung und Abbau der Arbeitslosigkeit sind politische Vorstellungen, die uns verkauft werden. Und derer wir nicht physisch habhaft werden können. Und wer hat Schuld, wenn es nicht funktioniert? Natürlich der kleine Mann, dessen Gehaltsforderungen einfach zu hoch sind.

Hat sich so viel geändert?

erphschwester - 22. Jan, 19:19

wir heutigen ...

... wehren uns ja so vehement gegen jegliche art von glauben. mit dem resultat, daß wir eben doch nur allzu gern glauben möchten. wenn nicht an gott und die "heiligen" herrschaften, dann eben an unseren eigenen intellekt. der - dank einer verheerenden bildungspoltik - leider äußerst begrenzt ist. wie schwämme saugen wir also die "weisheiten" auf, die uns als gesellschaftspolitische und volkswirtschaftliche "erkenntnisse" serviert werden und sich als völlig indiskutabel darstellen, weil ja doch "kluge" leute sie äußern. wes brot d i e essen ... wer weiß das schon?
Bangbrother-Te - 23. Jan, 13:18

Naja, bleiben wir mal auf dem Teppich:

Wenn dann die Windräder kommen, sind grüne und rote Ortsvereine meistens die ersten, die Widerstand organisieren. Das ist ja alles schön für die Umwelt, aber bitte nicht vor meiner Haustür, sagt auch bei weiterem Überlegen fast jeder Genosse.

Bei Clement könnte ich mir auch vorstellen, dass er genau diese von ihm getätigte Äußerung nur geringfügig schwächer formuliert hätte, wenn er noch ein politisches Amt innehätte.

Sein Beispiel als Beleg für politischen Moralismus (im Unterschied zu moralischer Politik) zu nehmen, finde ich etwas seltsam. Es gibt wirklich andere Leute, die regelmäßig wirklich moralisierend Politik machen, z. B. jene, die undifferenziert über die Globalisierung und "skrupellose" Manager herziehen, um ihre eigenen wirtschaftspolitischen Versäumnisse zu kaschieren.

Äh, aber wie ich gerade sehe, hast Du weiter unten ja auch schon was zu Nokia geschrieben, dann lasse ich mich da weiter aus. ;-)

erphschwester - 23. Jan, 17:52

dein ...

... vertrauen in clement und die annahme, er könnte eine wirklich eigene meinung haben, in ehren.

aber w.c. wußte schon zu seinen amtszeiten nichts wirklich konstruktives beizutragen. und immerhin ist es erstaunlich, daß man seit damals erst jetzt wieder von ihm hört. wenn er denn einen so klaren standpunkt hätte, warum hat er den seiner "parteifreundin" nicht irgendwann ´mal bei einem glas wein offeriert?
sehr mutig (oder moralisch?) ist es nicht, ihr gerade im wahlkampf einen tritt in die kniekehle zu geben und zwar ganz öffentlich, daß es auch jede zeitung mitkriegt. und dem herrn koch sei es ein wohlgefallen.

NEEE, so was macht man nicht, weil man eine eigene meinung hat. so was macht man, weil man die meinung seiner geldgeber hat.

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