Kleiner Exkurs

Was so ein literaturinteressierter Mensch ist, der macht sich natürlich mit den verschiedensten Formen von allem Möglichen vertraut. Ich, letzthin, stiess auf die griechische Tragödie, die ja nun eine wahrlich interessante Sache ist:

Die griechische Tragödie behandelt die schicksalhafte Verstrickung des Protagonisten, der in eine so ausweglose Lage geraten ist, daß er durch jedwedes Handeln nur schuldig werden kann. Der tragische Charakter wird auch mit dem Attribut „schuldlos schuldig“ beschrieben. Die behandelten Themen reichen von philosophischen bis zu religiösen und existentiellen Fragestellungen wie den folgenden:

* Die Seinsfrage
* Das Individuum und die Welt
* Menschen und Götter
* Schuld und Sühne
* Charakter und Schicksal

Das Schicksal oder die Götter bringen den Akteur in eine unauflösliche Situation, den für die griechische Tragödie typischen Konflikt, welcher den inneren und äußeren Zusammenbruch einer Person zur Folge hat. Es gibt keinen Weg nicht schuldig zu werden, ohne seine Werte aufzugeben (was einem tragischen Akteur nicht möglich ist).


Die griechische Tragödie ist mitnichten ausgestorben, sondern wird, im Gegenteil, gern auch heute noch bemüht, z.B. in Form des unverstandenen Helden, der da "nur helfen" will, alles nur im Dienste der "wahren literarischen Qualität" tut und dergleichen mehr. (Wenn und dass er sich dabei endlos in immer den gleichen Attitüden ergeht, wie z.B. dem Hinweis darauf, wann Anführungszeichen, Auslassungszeichen etc. wie interpunktiert werden und all solch wichtige Dinge mehr, ist vollkommen unmaßgeblich. Wichtig ist dieses ganz, ganz tiefe Gefühl des Unverstandenseins, das ihn der griechischen Tragödie so nahe bringt.)

Der Aufbau folgt dem Grundschema:

* Prolog
* Parodos, das Eingangslied des Chores,
* Stasimon, 4 bis 6 Lieder des Chors zwischen den einzelnen Episoden
* Epeisodion, Hauptszene
* Exodos, das Schlusslied des Chores

Diese Grundstruktur konnte nicht verändert werden. Eine feste Konvention war der Wechsel zwischen Chören (Liedvers) und den Mono- und Dialogen der Schauspieler (Spielvers). Durch den linearen Handlungsablauf mussten Parallelhandlungen oder andere wichtige Ereignisse, die dem Publikum nicht direkt vorgeführt wurden, anderweitig dargebracht werden. Dies konnte auf verschiedene Weise geschehen, etwa durch die Teichoskopie (Mauerschau), den Botenbericht, den Deus ex machina oder durch das Ekkyklema.


Wobei man sich die Dinge so vorzustellen hat:
Prolog: "An die Moderatoren! Alles ist so furchtbar! Tut doch was!"
Parodos: "Ja, furchtbar! Ja, furchtbar!"
Stasimon:
1: "Ruf nur, du wirst - wie immer - keine Antwort erhalten!"
2: "Ja, es ist wirklich Schreckliches passiert!"
3: "Auch ich finde es schimm, dass ..."
4: " Man könnte natürlich ... und ohne viel Aufwand."
5: " Aber dazu müsste man wollen, und die sind ja alle ..."
6: " Bei genauerer Betrachtung bin ich dafür, aber eigentlich auch ..."
Epeisodion:
" Ich, der ich schon so lange im Forumsgeschäft ..."
Exodos:
" Wenn das hier nicht funktioniert, liegt es nicht an uns, sondern ..."

Die griechische Tragödie, man ahnt es, ist nicht tot. Nein, SIE LEBT!

(alle kursiv geschriebenen Teile des Textes wurden Wikipedia entnommen)
Marvel - 30. Dez, 00:04

Lecker

Das war etwas für mein Auge, wie sagt man? Augenweide. Ich bin beeindruckt, meine Liebe, Du hast nicht nur Schneid, Verstand und Stil, sondern verstehst dich auch noch in ausgezeichneter Satire.
Darf ich es sagen? Es tut mir gut. Oder nein, sagen wir es anders., - es tut meinem Gehirn gut, was schon langsam anfing einzurosten.
Das ist die bittere Folge, wenn einem zu viele leere Platüden geboten werden.

Mehr davon, damit ich wieder weiß, dass ich nicht im Urwald lebe. *Augenbraue_heb
Internet? Urwald? Dschungel?
Ich glaub, ich hab gerade eine Idee für ein eigenes Thema.
Siehst du, inspirierend bist du also auch noch!

Danke für das Leckerli zur Nacht :-)

erphschwester - 30. Dez, 17:20

danke

für die verständigen kommentare.
aber zu viel der ehre.
der vergleich drängte sich geradezu auf.

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