Eine Bekannte erzählte heute von ihrer Großmutter. Die sie sehr geliebt habe. Der hatten sie zum 84. Geburtstag einen Rundflug geschenkt, weil sie noch nie geflogen war. Und irgendwie wolle sie es in diesem Leben doch noch einmal tun. Was könne denn schon dabei sein?
Er habe ihr sehr gefallen, dieser Flug.
Meine Mutter bekam genau solch einen Flug zum Siebzigsten. Was kein Jahr zu früh war, denn sie wurde nur 74. Trotz aller Turbulenzen und nicht ganz so großer Begeisterung stieg sie einige Monate später in ein Passagierflugzeug und flog ichweissnichtwohin. Sie ist in dieser Zeit viel gereist. Es war, als wüsste sie, dass sie nicht mehr viel Zeit haben würde, all jene Orte zu sehen, in die sie während ihrer Kindheit und Jugend so leicht hätte kommen können, wären die Zeiten da nicht so schlecht gewesen.
Irgendwie sind die Zeiten immer schlecht. Auf die eine oder andere Weise. Und wenn sie´s einmal nicht sind, werden wir uns dessen nur allzu oft nicht bewusst. Wir tun so, als hätten wir einen gottverdammten Anspruch auf irgendwas und merken erst später, dass DAS die Zeit war, in der es uns richtig gut ging. Was denn mehr kann man wollen? Im schlimmsten Fall trauern wir der Sache nach und ganz Uneinsichtige wollen DAS wieder haben.
Man kriegt nichts Altes wieder, und alles Trauern hilft nichts.
In einem Blog kommentierte ich heute, wir sollten unseren Kindern wieder das Recht auf den heutigen Tag zurück geben. Das ist nicht von mir, sondern von Korczak, der damals mit "seinen" Kindern ins KZ ging, obwohl er hätte frei kommen können.
Ich finde, jeder (nicht nur Kinder) sollte das Recht auf den heutigen Tag haben; das Recht, trotz aller Zukunftsplanung heute schon zu leben. Wer weiss, wie viele Tage man noch hat?
erphschwester - 6. Aug, 19:19