Wissen Sie noch, wann Sie das letzte Mal in Ihrer Postfiliale waren?
Nein, das ist keine Fangfrage. Aber - machen wir uns doch nichts vor - wer schreibt denn heute noch Briefe? Per E-Mail gehts doch viel, viel schneller. Und wegen der Oma ohne PC muss man ja nun nicht unbedingt zur Post. Dafür gibts ja Briefkästen. Und Päckchen? Ohje! Von den futuristischen Stationen, die ich alte Frau vermutlich gar nicht bedienen könnte, mal ganz abgesehen, schickt doch heute kaum noch jemand etwas anderes als Geld durch die Gegend. Dann kann sich das Kind/Enkel/ Patenkind oder wer auch immer kaufen, was ihm selbst gefällt. Alle sind froh und alles ist so viel einfacher. Da reicht der Briefkasten auch.
Also, nochmal: Wann waren Sie zuletzt an in Ihrer Postfiliale?
Ja, sehn Sie! Geht doch.
Wären Sie da nämlich irgendwann letzthin gewesen, wäre es Ihnen gleich aufgefallen: Das Ding heisst schon seit geraumer Zeit nicht mehr Filiale. So was Altmodisches. Nein, das ist jetzt ein POST-SHOP. Und ich wäre beim letzten Mal beinahe an dem Ding vorbei gelaufen, weil es volle Schaufenster hatte und mit Reklame voll gekleistert war wie jeder x-beliebige Laden, Pardon!: Shop.
Da kriegen Sie nicht nur, was ja irgendwie logisch klingt, das ganze Zeugs zum Päckchenpacken (auch wenn das kaum noch wer macht), sondern neuerdings auch Shirts, Badelatschen, Taschen und was-weiss-ich-noch.
Die Leute hinter den Schaltern heissen inzwischen ... naja, keiner weiss es. Aber sie haben sowas von Verkäufern. Nicht nur, weil sie den ganzen Tag stehen müssen (andernfalls sähe man sie nicht; früher jedenfalls durften sie sitzen), sondern auch, weil ihnen sichtbar die verkäuferische Beflissenheit antrainiert wurde. Okay, es gibt Schlimmeres als das.
Aber, mal ehrlich, wenn einer aussieht und sich benimmt wie ein Verkäufer, fühlt man sich da nicht auch, als würde einem was verkauft? Was ja in Ordnung ist, soweit es um Paketschnur geht. Aber die "handeln" ja auch mit Geldanlagen. So als Postbank. Und das mit großem Eifer. Wie ja irgendwie alle Banker. Und wenn die einem eine Geldanlage verkaufen, gerade jetzt nach der Bankenkrise, kriegt man schon irgendwie ein komisches Gefühl.
Woll´n die den alten Schrott vielleicht nur los kriegen?, denkt man da.
Glauben Sie nicht? Weil die jetzt vorsichtiger geworden sind? Aus Schaden wird man klug?
So seh´n Sie aus!
Ich kenne Leute bei der Postbank und auch der Sparkasse, die mit ihrem Job gar nicht glücklich sind. Denn KEINER ist klüger geworden, der Kleinanleger zählt nichts und jeder soll auf Teufel-komm-raus zum Erwerb irgendwelcher merkwürdigen Dinge überredet werden, die man als großartige Sache anpreist, ohne zu wissen, ob sie nicht irgendwann in einer Blase zerplatzen wie schon so vieles vorher.
Es werden Gewinnversprechen gemacht, Traumzahlen als Vorgaben ausgegeben, dafür Kredite versagt ... alles wie zuvor. Da kann Herr Steinbrück maulen, so viel er will. Der Kleinkunde ist nach wie vor nicht das Ziel der Begehrlichkeiten, seit die Bankvorstände Blut geleckt und begriffen haben, wie einfach und ungefährlich es doch ist, so richtig auf die K... äääh, den Schlamm zu hauen. Wenns schief geht, kommt schon irgendwer daher und richtets wieder. Und wenn es nur ein, zwei Jahre gut geht, kann das schon ausreichen, den Rest der Zeit sorglos zu leben.
Ja, klar, das Ganze ist auch eine Nervenmühle. Also wenigstens für die, die da am Schalter stehen. Sogar auch für die, die gepflegte Zimmer für ihre Kundenberatungen haben. Weil sie eben nicht mehr kundenorientiert beraten dürfen, sondern profitortientiert verkaufen müssen. Koste es, was es wolle.
Neuerdings hören wir immer mal von denen, die aussteigen und in der Toscana töpfern, weil sie dieses knallharte Geschäft so fertich gemacht hat. Was ja immerhin ein gutes Zeichen ist (wenn man sich nicht fragt, wie sie sich diese Töpferei nun plötzlich leisten können).
Am Prinzip aber ändert das gar nichts:
Wenn Sie mal wieder, zufällig oder nicht, in so eine Filale von was auch immer ´rein kommen und denken, dass man Sie nun beraten wird, drehen Sie am Besten gleich um, weil ... es gibt da keine Berater mehr. Das sind alles Verkäufer. Und die wollen - erinnern Sie sich! - Ihr Bestes. Aber das kriegen sie nur dann, wenn Sie zu blöde sind, zu vergessen, dass keiner ausser Ihnen selbst Ihr Bestes will.
Denn: Alle denken an sich; nur ich denke an mich.
erphschwester - 9. Jul, 12:00