Mittwoch, 7. November 2007

Krüppel ...

... nannte man damals die Contergan-Kinder, die heute hart auf die Fünfzig gehen, mithin seit langem keine Kinder mehr sind und mit den Folgeschäden ihrer Behinderungen zu kämpfen haben.

Am Vorabend der umstrittenen Ausstrahlung des Filmes "Contergan" lud Frau Maischberger Vertreter der verschiedenen Parteien in diesem Jahrzehnte alten Rechtsstreit zu sich ein. Und wir haben gelernt.

Nämlich: Die Gesellschaft darf der Firma Grünenthal dankbar dafür sein, daß sie das leidbringende Medikament ("So ungefährlich wie Zucker.") auf den Markt gebracht hat. Weil wir so erfuhren, daß nicht giftige Inhaltsstoffe gleichwohl dennoch Schäden im Erbgut anzurichten vermögen.
Bliebe einem da nicht das Wort im Maule stecken, würden wir gnadenlos aufjubeln: "Danke, Firma Grünenthal!" Weil das doch eine von den Erkenntnissen ist, die wir schon immer hatten haben wollen.

Nichtsdestotrotz sind wir dem Herrn Wartensleben, ehemaliger Justiziar der Firma Grünenthal, für die Einblicke dankbar, die er uns in das Rechtsempfinden der Pharmaindustrie und dieses Landes gewährt hat.
Daß nämlich, anstelle eines Schuldspruches, damals ein Vergleich zustande kam, der die Firma dankenswerterweise am Leben und in der Lage ließ, auch heute noch satte Gewinne einzufahren, ist neben dieser gesellschaftlich wichtigen Erkenntnis auch dem Umstand zu verdanken, daß einer nur dann schuldig sein kann, wenn ihm die Schuldhaftigkeit seines Handelns bewußt war. Grünenthal streitet das für sich natürlich ab und begibt sich damit auf immerhin biblisches Niveau: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder ...
(Es ist wohl Zufall, wenn mir dabei die Herren Ackermann und Co. in den Kopf kommen. Damals benamste man das mit dem schönen juristischen Begriff "Verbotsirrtum". Was nichts anderes heißt, als daß das fehlende Schuldempfinden allein schon Entlastungsgrund genug ist, oder so.)

Andreas Meyer vom Bund der Contergan-Geschädigten und mit verkürzten Armen und Beinen selbst Betroffener fordert uns, in Ermangelung juristischer Mittel (mehr oder weniger alle Eltern hatten damals einem Schadenersatzausschluß zugestimmt), zum Boykott der Grünenthal-Produkte auf.
Diese Aufforderung zu befolgen, bleibt freilich jedem selbst überlassen. Aber manchmal, finde ich, sollten wir schon drauf schauen, w e r das Zeugs herstellt, das wir gerade eben zu kaufen uns anschicken, auch wenn es mühselig sein könnte.

Und was die Sache mit dem Contergan angeht: Es mag sich jeder heute Abend und morgen anschauen, ob er den Bericht glaubt oder aber nicht. Vor Gericht verhindern konnte ihn Grünenthal jedenfalls nicht.

PS: Die "großmütige" Gabe von 100 Mio DM, die Grünenthal seinerzeit (ergänzt von einem ebenso hohen Betrag durch die Bundesregierung) für die Opfer in eine Stiftung einbrachte, sind seit ca.1998 verbraucht. Seither, liebe Leser, zahlen Sie und ich für das, was Grünenthal wohl als bedauerlichen Irrtum bezeichnen würde.

Motto:

Meine Bilder kann man kaufen. Meine Texte und meine Meinung nicht. D-J

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