Sonntag, 28. Oktober 2007

Großartiger Auftritt ... oder: Nichts als Theater

Herr Müntefering, so hört man, habe beim Parteitag der SPD zu seiner alten Form zurückgefunden. Und wirklich hat er dort "mit Verve" all die Themen zur Sprache gebracht, die uns allen schon seit langem unter den Nägeln brennen. Fast möchte man meinen, er habe dem Volk "auf die Schnauze" geschaut und demonstrierte nun in seiner Rede das berühmte "Wirhabenverstanden!"

In Wahrheit aber glaube ich, daß im Theater der SPD-Unpopularität die Rollen seit einiger Zeit schon verteilt sind. Sowohl die schlechten (und immer weiter sinkenden) Umfragewerte, als auch die Konturenlosigkeit der Protagonisten (Wer könnte Kanzlerkanditat werden?- Eigentlich keiner so richtig,) geboten dringende Aktivität.

So lag es nur nahe, im Kampf gegen den weiteren Beliebtheitsabsturz die Rollen zu verteilen:
Münte, seiner Funktion als Vizekanzler gerecht werdend (wo er allerhand ganz und gar nicht sozialdemokratische Entscheidungen mit zu tragen hat), galt einige Zeit lang als der verknöcherte Sturkopf, der von seiner "Chefin" schlichtweg untergebuttert wurde und kaum noch eigene Konturen hatte.
Beck jedoch wurde aufgebaut zu dem innerparteilichen "Revoluzzer", der sich der Sozialdemokratie besann, ohne allzu sehr von vorgeschriebenen (insgesamt wenig sozialen) Pfaden abzuweichen.

Und nun der große Paukenschlag: Während Beck sich an Detailfragen aufhält, die er heftigst umkämpft, ohne die eigentliche Richtung des Systems anzukratzen, steht plötzlich Münte vor den Genossen und packt alles aus, was vermeintlich ihm, aber in jedem Fall dem Großteil der Wähler auf der Seele liegt: Er fordert faire Chancen für Junge und Alte auf dem Arbeitsmarkt ein, faire Löhne für gute Arbeit, kritisiert die Millionengehälter der Manager genauso wie die schwierige Situation der Alleinerziehenden. Münte weiß, wo der Schuh drückt. Der Saal jubelt ihm zu. Münte voll der Großmut des weisen alten SPD-Genossen holt Beck an seine Seite und demonstriert damit: Wir sind uns einig, trotz mancher Auseinandersetzung in der Sache! Wir sind eine Partei! Wir ziehen an einem Strang.

Diese Geste ist nicht nur gemacht für den potentiellen Wähler vor der Glotze, sondern viel mehr noch für die Genossen im Saal, die wieder auf Einigkeit und Optimismus eingeschworen werden sollen in einer Zeit, da die Parteiaustritte sich häufen. Die Basis spürt schon lange, daß der Name der Partei längst kein Programm mehr ist und "die da oben" in ihren Armanianzügen, die dicke Zigarre in der einen und den edlen Rotwein in der anderen Hand, vor einiger Zeit schon den Bezug zu allem verloren haben, was ihre Partei einst ausmachte. Die Delegierten sollen sich erinnern und wieder heimisch fühlen, aber auf jeden Fall bei der Stange gehalten werden. Denn was ist eine Partei, die sich in Wohlgefallen auflöst, wert für jene, die schon lange nichts anderes mehr können, als hauptberuflich Politik zu machen?

Wer da also jetzt auf den Parteitag schaut und meint, es würde irgend etwas Großartiges passiert sein, der erinnere sich manch anderer großer Auftritte in der Vergangenheit einerseits und schaue dann auf seine eigene Situation: Geht es uns mit der Agenda 2010 jetzt besser? Sind die großen Fragen gelöst und der "kleine Mann" entlastet? Und, wenn schon nicht entlastet, hat der kleine Mann wieder einen optimistischeren Blick in die Zukunft? Fühlt er sich sicherer, zuversichtlicher?

Machen wir uns nichts vor: Das Vertrauen in die Politik, eigentlich in die Politiker, haben wir längst verloren. Da hilft auch solch ein furioser SPD-Parteitag nichts. Die Erfahrung hat uns längst gelehrt: DAS IST ALLES NUR THEATER!

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Meine Bilder kann man kaufen. Meine Texte und meine Meinung nicht. D-J

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