Montag, 8. Oktober 2007

Die Stille suchen

Manch einer sucht die Stille. Andere finden sie, ohne sie gesucht zu haben.

Ich, zum Beispiel, habe nicht gesucht, aber doch irgendwie gefunden. Wobei so ein Hörsturz keine wirklich ruhige Sache ist. Denn meist wird er begleitet von etwas, das ich "weißes Rauschen" getauft habe.
Zunächst meinte der Ohrenarzt ja, es sei damit getan, daß er mir irgendwelche tunlichst nicht näher zu beschreibenden Dinge aus dem Ohr herausgeholt hatte. Stolz auf sich selbst verkündete er: "So, jetzt müßte es wieder gehen!"
Neben der Erleichterung, diese nicht schmerzfreie Prozedur überstanden zu haben, konnte ich seine Rede nicht bestätigen, nahm mir allerdings vor, der Sache ein paar Stunden Zeit zu geben.
Der Hörtest am nächsten Tag brachte die Gewißheit, daß eben doch nicht alles erledigt war, sondern gerade erst losgegangen. (Und für die, die sich jetzt fragen, wie man mit einem Hörsturz Reden welcher Art auch immer verfolgen kann, sei gesagt, daß es auch einseitige "Schlaganfälle" im Ohr gibt. Sprich: Links hör(t)e ich, neben dem "weißen Rauschen" durchaus auch ganz reale Dinge.)

Wie auch immer: Man infusioniert mich nun und hat mir, neben den obligatorischen Tabletten, auch noch eine Magnetfeldtherapie aufgeschwatzt, an die, wie meine Chefin sagt, man glauben muß. Nun ja, ich kann mir durchaus vorstellen, daß die feinen Härchen, die für das Hören zuständig sind, irgendwie auf irgendwelche Felder reagieren. Und wenn nicht, habe ich jedenfalls nichts unversucht gelassen. Oder doch: Den Sauerstoff, den man mir über eine formschöne Maske zuführen wollte, ebenso selbstzahlpflichtig wie das Magnetfeld, habe ich nach einem kurzen Versuch abgelehnt. Meine angeschlagenen Bronchien wehren sich ganz entschieden gegen etwas, das so rein ist.

Nun liege ich also jeden Vormittag auf einem netten Relaxstuhl zusammen mit fünf anderen Kandidaten gleichen Krankheitsbildes und bekämpfe den Streß, der als Ursache für derlei Leiden genannt wird. (Natürlich haben wir jeder einen eigenen Stuhl!) Ob alt, jung oder irgendwo mittendrin, ob Managertyp, Rentner oder Öko - irgendwie macht diese Sache anscheinend vor niemandem halt. Was schon auch beruhigend ist. Ich wüßte nicht, was ich ernsthaft verkehrt gemacht hätte.
Einen aber habe ich heute gesehen, bei d e m weiß ich, was verkehrt läuft. Man stelle sich vor: Da liegen fünf Leute, schon allein wegen ihrer Aufmachung vollkommen kommunikationsunfähig (im Arm die Nadel, an der die Infusion hängt, auf dem Kopf der Hörer mit den Magnetwellen, auf dem Gesicht die Maske mit dem Sauerstoff) und tun, auch aus naheliegenden Vernunftgründen, nichts anderes, als die Stille zu pflegen. Plötzlich kommt er ´rein, sitzt noch gar nicht richtig, als schon sein Telefon läutet (was ansich bereits eine Frechheit ist und nur dem Umstand geschuldet sein kann, daß man sich auf die mangelnde Hörfähigkeit der anderen verläßt). Mit ungebremster Stimme fragt er, leicht ungeduldig, weil er in einer "Besprechung" sei, was denn nun wäre. Und endet nach kurzem Wortwechsel damit, daß er sich wieder melden würde. Um das tun zu können, muß er ein weiteres Gespräch führen, was er tut, ebenso ungeduldig, mit dem gleichen Verweis auf eine laufende "Besprechung". Dann ruft er den ersten Anrufer zurück und erteilt ihm Instruktionen.

Meine Infusionszeit war derweil vorbei, was ich durchaus begrüßte, weil ich meine, man sollte im Kampf gegen den eigenen Streß sich nicht auch noch den von anderen Leuten aufladen. Ich denke auch, wär´s nicht ein ortsbekannter Unternehmer gewesen, hätte man ihn wohl der Aufruhr wegen, die er verursachte, zurecht gewiesen.

So aber bleibt nur das Fazit, daß zumindest bei d e m d a klar ist, warum er sich mit Tinnitus, Hörsturz oder was auch immer ´rumplagt. Es sei anderen überlassen, ihm klar zu machen, daß Geld nicht alles ist. Schon gar nichts, womit man sich ein langes Leben kaufen könnte ...

Motto:

Meine Bilder kann man kaufen. Meine Texte und meine Meinung nicht. D-J

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