Samstag, 3. Februar 2007

Mindestens ... nachdenken

Seit einiger Zeit schon reden wir über den Mindestlohn. Wollen wir ihn, wollen wir ihn nicht? Brauchen wir ihn oder ist er eher schädlich?

Ich gebe zu, daß es schwierig ist, die Geflechte zu erkennen, an denen so eine Mindestlohn-Regelung hängt. Von außen scheint es ja erst einmal einfach: Gebt den Leuten Arbeit, von deren Ergebnissen sie leben können, dann brauchen sie keine sozialen Transfers mehr.
Aber: Je teurer auch die einfache Arbeit ist, umso weniger werden die Arbeitgeber geneigt sein, einfache Arbeitsplätze zu schaffen.

Letztendlich landen wir an dem Punkt, an dem wir feststellen müssen: Nicht der "Markt" bestimmt den Wert der Arbeit, sondern so ein Arbeitgeber bestimmt, ob ihm das Resultat es noch wert ist, diese Arbeit machen zu lassen oder nicht. Oder: Wenn ihm der Wert der Arbeit zu hoch ist, da, wo sie gerade gemacht wird, trägt er sie anderswo hin, wo der Wert der Arbeit noch niedriger ist. Vorausgesetzt, es handelt sich um "transportable" Jobs. (Aber in Zeiten der Entfremdung des Produktes, auch der Dienstleistung von ihrem Zielobjekt ist beinahe alles transportabel. - Wissen Sie noch, wo Ihre Lohnabrechnung gemacht wird, wo Ihre Anzüge gereinigt werden?)

Professoren, die sich damit auskennen müßten, votieren gegen den Mindestlohn. Aber ich sehe ihre schwerwiegenden Argumente nicht. "Teufelszeug", "wehret den Anfängen" und "Mitnahmeeffekte" klingen in meinen Ohren wie all die Argumente unserer Regenten, die nichts anderes als diese Totschlagwörter haben. Und wenn da gemutmaßt wird, daß Mindestlöhne über den "markträumenden" Löhnen liegen könnten, dann habe ich in meinem Kopf die Fehlschaltung, daß einfache Arbeit nicht niedrig genug bewertet werden kann, während Vorstandsvorstände etc. sich über die Maßen überbewerten. Was natürlich der gleiche Populismus ist wie der der Herren Professoren. Denn da sind ja auch noch die ganz normalen Arbeitgeber, die nichts anderes tun, als sich am Markt zu orientieren. Wenn sie das Produkt noch billiger kriegen können ... warum nicht? Aber brächte es sie um, einen Stundenlohn zu zahlen, der es lohnt, den Fuß, aus dem Bett zu setzen und den Weg zum Sozialamt zu sparen?

Tendenziell, wenn auch mit keinem Wort gesagt, höre ich aus dem Gerede der Professoren wieder das Märchen vom arbeitsunwilligen ALGII-Empfänger heraus. Warum arbeiten gehen, da Väterchen Staat mein Nicht-Arbeiten doch so gut bezahlt? Vergessen wird dabei, daß unter den ALGII-Empfängern eine nicht unbeträchtliche Zahl ist, die genau das tut: arbeiten, obwohl sie davon nicht leben kann. Vergessen wird dabei auch, daß deren Arbeitgeber ihre niedrig bezahlten Jobs nicht los bekämen, wenn es nicht diese staatlichen Transfers gäbe.

Vergessen wird also, daß das System der staatlichen Alimentierung trotz Arbeit für eine Vielzahl von Arbeitgebern hinreichende Ermutigung war, Arbeit auf dem Markt anzubieten, die unter normalen Marktbedingungen keine Abnehmer fände. Denn kein vernünftiger Mensch würde sich eine Arbeit nehmen, von der er nicht leben kann.
Es kann ja sein, daß die Zahl der geringqualifizierten Jobs tendenziell am Abnehmen ist. Auch, daß eine bessere Qualifikation der Arbeitnehmer in der Masse prognostisch zwingend erforderlich ist. (Und es ist bereits jetzt so, daß die Arbeitgeberschaft sich für diesen Aspekt am Faktor Arbeit wenig bis gar nicht interessiert, diesen vielmehr vollkommen dem Väterchen Staat aufbürdet, das er aus anderen Dingen des Arbeitsmarktes gern heraushalten würde.)
Aber die gegenwärtigen Bedingungen am Arbeitsmarkt sprechen dafür, daß die gering bezahlten Jobs da sind und die Arbeitgeber auch nicht zusammenbrechen würden, wenn es einen Mindestlohn gäbe.

Über Regularien wie eine Negativ-Steuer bei Geringverdienern ließe sich dann immernoch sprechen.

Und beim nächsten Mal reden wir darüber, wie Gerd Bosbach die Vergreisung Deutschlands bewertet.

Motto:

Meine Bilder kann man kaufen. Meine Texte und meine Meinung nicht. D-J

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