Montag, 17. Februar 2014

17022014

über alles mögliche nachzudenken, heisst nicht zwangsläufig, den durchblick zu haben. der verstand reicht immer nur so weit wie er eben bewegt wird. letztendlich bewahrt einen denkenden menschen also nichts davor, in allerhand dingen naiv zu sein.

ich also bin naiv im bereich technik und befasse mich damit nur, wenn nicht-funktionieren mein tun behindert. darin bin ich zwar angesichts meiner eigentlichen unkenntnis nicht ungeschickt, strebe vervollkommnung jedoch nicht als selbstzweck oder gar vorsorglich an.
ich habe nur die allernotwendigsten sachen, zu denen ich z.b. ein handy grundsätzlich nicht zähle. wobei ich anderen da durchaus einen echten bedarf zubillige. ich jedenfalls muss nicht immerfort erreichbar sein, und mir fallen kaum gelegenheiten in meinem leben ein, in denen ich jemanden jetzt und sofort erreichen muss.

klar ist bei solcherart mangelbesitz, dass mir die kenntnis der neuesten neuigkeiten fehlt. und selbst wenn ich sie habe, sind sie doch kein zwingender bestandteil meines täglichen denkens. es ist z.b. noch gar nicht so lange her, dass ich auf mancherlei plattformen die dauerpräsenz mancher leute bestaunte. "gehn die denn nie raus?", fragte ich mich und wurde irgendwann, und zwar seeehr spät, von der erkenntnis ereilt, dass die leute natürlich raus gehen, ihr internet ja doch aber immer dabei haben.
da lachte ich mich selber aus und fragte mich, ob ich nun langsam alt werde, dass ich solche wesentlichen dinge, die ich ja durchaus ständig sehe, nicht als bestandteil meines denkens verinnerlichte.

gleichwohl bleibt da ein grübeln angesichts mancher internetpräsenzen mir bekannter leute.
da ist z.b. ein lokführer dabei, der gerne sonnenauf- und -untergänge von der strecke postet, deren aktualität ich beim blick aus dem fenster erahnen kann. jedes mal, wenn ich zug fahre, schaue ich nun, ob er hinterm steuer sitzt, denn das würde mir ein leichtes unbehagen bereiten. ein foto während der fahrt, denke ich mir, und das dann ins netz einstellen, das nimmt ja doch die aufmerksamkeit vom fahren weg.
oder wenn jemand während einer faschingsfeier etwas postet, kommt mir der gedanke, es könne ja da dort so aufregend nicht sein, wenn man währenddessen sein handy rausholt und im netz rumpuhlt.
was vielleicht gar nicht wahr ist. denn neulich war ich mit durchweg jüngeren kollegen abends essen. und es kam der moment, dass alle - außer mir natürlich - am ende ihr handy ausgepackt hatten, um sich gegenseitig irgendwas zu zeigen. erst meine drohung, die geldbörse zum zahlen auszupacken, brachte sie zum wegstecken der dinger.

vielleicht, sage ich mir, sollte ich an meiner offenheit für neue zeiterscheinungen arbeiten. denn diese handy-netz-sache gehört ja wohl irgendwie dazu. mag man sich dabei denken, was man will.
oft jedenfalls, sehr oft, habe ich gedacht, dass meine mutter, hätte sie nur ein paar jahre länger gelebt, die kontaktmöglichkeiten im internet geradezu geliebt hätte. vermutlich hätte die schon längst so´n neues handy, mindestens aber ein tablet, und wäre allzeit mittendrin.

Samstag, 15. Februar 2014

16022014

manchmal, denke ich, ein wenig weniger kopflastiger wäre nicht schlecht. einfach nicht nachdenken, sondern fühlen. und das am besten laut, mit jeder menge sich poetisch gebender phrasen aus kitschromanen auf den lippen. es können auch kalendersprüche sein. mit so etwas kommt man ganz gut durchs leben, denke ich dann. und mehr braucht es gar nicht.

vielmehr scheint mehr allzu oft von wenig nutzen. denn diffenziertes denken, dieses "ja, aber ...", das den standpunkt des anderen, vielleicht nicht so guten, mit einbezieht, wird einem schon angelastet. und bei dem, was für gut und richtig erkannt wird, so rein konsensmäßig, geht es nicht um das, was wir alle selbst denken und tun, sondern um das, was wir glauben, die anderen erwarten es von uns.
politisches korrektsein für den hausgebrauch.

denn wir wissen ja schon, was allgemein für gut und richtig erkannt wird. am ende kommt dabei so ein moralischer einheitsbrei heraus, bei dem keiner kinder schlägt, steuern hinterzieht, schlecht über ausländer redet undsofort. was jeden von diesen keiners in die lage versetzt, klagend den finger gegen jene zu erheben, die solches tun.

sind wir ehrlich zu uns selbst (ich selbst übe mich darin schon lange), kommt dabei heraus, dass uns bei den kindern schon mal die hand ausrutschte (was besser war als ein verkehrsunfall oder eine schwere verbrennung), wir bei der steuer die anzahl der fahrkilometer gerade so großzügig bemaßen, dass es noch glaubhaft klang, und dass wir den türken aus dem nachbarhaus ganz schrecklich wasauchimmer finden. (was natürlich nicht an seiner herkunft, sondern an seinem schlechtem benehmen liegt. ... aber vielleicht ergibt die sich gerade aus der herkunft?)
------
ich jedenfalls weiß, warum ich mich so ungern im menschenpulk bewege. dieses allgemein-gebrabbel strengt mich unheimlich an. ob schwangeren-gymnastik, krabbelgruppe, elternkrams. ich versagte mich, weil ich es stets anstrengend und ermüdend fand, die immer gleichen probleme, argumente usf. unentwegt wiederzukäuen. wie mir auch diese freundlichen lügen, dass ich menschen nett finde, verstehen und mit ihnen fühlen kann, ums verrecken nicht über die lippen gehen.
ich finde nur nett, wen ich lange und gut genug kenne. das muss schon durch einige feuer gehen, ehe ich solche bekenntnisse abliefere. und ich fühle wohl mit, verstehe aber so manche selbst gemachte problemlage nicht. mir kann nicht leid tun, wer immer wieder in der gleichen sch... landet, ohne etwas zu lernen. und sowieso hilft den meisten mein mitgefühl nicht. ein kräftiges anpacken ist da oft hilfreicher.

manchmal, denke ich, ich hätte andere berufe haben sollen. weniger kopflastige. weniger analytische. weniger sachliche.
ich hätte so einen richtigen frauenberuf haben sollen. kindergärtnerin, friseurin, krankenschwester oder so. aber ich hab weder viel mit fremden kindern am hut, noch mit anderer leute frisuren oder schmerzen. ich kann nur erziehen, haare schneiden oder pflegen, wenn es was mit meiner familie zu tun hat.


und manchmal, immer öfter, denke ich: pfeif drauf, das bin nun mal ich. keine massenware halt. aber muss ja auch nich.

Dienstag, 11. Februar 2014

11022014 ...oder: Let´s Talk About Sex

Als Kinder erreichte uns im dazu noch keinesfalls geeigneten Alter das Gerücht von einer Sache namens Sex. Einmal einzelner Details teilhaftig geworden, waren wir uns sicher, dass unsere Eltern so etwas inzwischen wohl seit langem nicht mehr machten. Obwohl ich nicht zu jenen gehörte, die die Anzahl der elterlichen Kinder zusammenrechneten und dann zu wissen meinten, wie oft ihre Eltern ES getan hatten.

Schließlich war ich vermutlich das best aufgeklärteste Kind der Stadt.
(Ich erinnere mich an jenen denkwürdigen Nachmittag, der dem Mittag folgte, an dem meine postpubertären und längst sexuell aktiven Geschwister sich bei der Mutter über die quasi nicht vorhandene Aufklärung beklagt hatten. Über meinen Kopf hinweg wurde da beschlossen, es bei mir besser zu machen. Und tat es.
Ich durchlief drei Versuchsanordnungen:
den Bruder, der mir anhand seiner Mediziner-Lehrbücher die Sache anatomisch und biologisch näher brachte.
die Mutter, die mir erläuterte, DAS tue man nur, wenn man sich seiner Liebe sicher sei.
und schließlich der Vater, der mir die Sache quasi handwerklich erläuterte.)
Ich war übrigens neun und von nun an durch keinerlei Halbwissen mehr anfechtbar. Ich wusste alles viel genauer und besser als die anderen.

Dachte ich.

Denn trotz jahrzehntelanger praktischer Erfahrung sind noch immer nicht alle Fragen geklärt.

Zwar weiß ich jetzt, was man(n) in so einem Swingerclub trägt. Von einem guten Bekannten, der in Ermangelung anderer Möglichkeiten gerne dort sein Mütchen kühlte und mich jahrelang zur Begleitung ermutigen wollte. Denn Männer mit Begleitung haben freien Eintritt, ohne aber löhnen sie irgendwas um die hundert bis hundertfünfzig Ökken.

Unklar bleibt dennoch:

Wie ist das denn nun mit den 6000 "Schuss" des Mannes. Bereits von Luther erwähnt, von Kinsey wieder aufgegriffen: Sind sie nun eine fixe Zahl oder abhängig von der Gesamtform des Typen oder sowieso nur eine sehr grobe Schätzung?

Was hat es auf sich mit jenen Gleichaltrigen, die auf Teufel komm raus jetzt noch einmal alles ausprobieren wollen, was sie sich früher - bei den eigenen Frauen - nie zu tun trauten. Torschlusspanik?

Und was geht in jenen zwanzig Jahre älteren Herren vor, die mit schöner Selbstverständlichkeit meine Geneigheit voraussetzen?
(Und dabei, fällt mir ein, ist Respekt gegenüber älteren Herren, die unsere Väter sein könnten, keineswegs eine dienliche Sache.
Erlebte ich doch vor zwei Jahren einen wirklich entfernten Bekannten, der - seiner Ehefrau auf dem natürlichen Weg verlustig gegangen - ein paar Freundlichkeiten von mir sehr missverstand. Was ihn dazu verleitete, sich ein paar Wochen lang wie ein liebestoller Kater aufzuführen und mir eine Reihe unschöner Momente bescherte.)

Und auch: Wie ernst muss ich es nehmen, wenn Frauen jenseits der mitte Fünfzig ein merkliches Nachlassen der Libido bescheinigt wird? Von gleichaltrigen Herren. (Die offenbar noch nie etwas von erektiler Dysfunktion gehört haben.) Gehts dabei wirklich um die Frauen oder nicht viel mehr um die Illusion, dass diese, weil nicht mehr so "knackig", schuld am dysfunktionieren sind?

Fragen über Fragen.
Wie, verflixt, muss es dann erst denen gehen, die nicht aufgeklärt wurden?

Montag, 10. Februar 2014

10022014

neuerdings höre ich von meines (alters)gleichen unverhältnismäßig oft die klage, man hätte ja gern ein bissel mehr bildung gehabt. und frage mich dann jedes mal, was die leute denn damit eigentlich meinen.

gehts um schulische und berufliche bildung, also abschlüsse? und, wenn ja, hätte man die in der jugend nicht viel eher gebraucht? so zum beruflichen fortkommen.
was genau ist es, das einen im fortgeschrittenen alter, häufig sogar nach dem ende des berufes, nun plötzlich nach bildung rufen lässt? und welcher art bildung schwebt einem dann vor?

nicht, dass ich nicht einsehen würde, dass einem mit zunehmendem alter ein paar vernünftige gedanken als ersatz der jugendlichen freuden nützlich werden könnten. aber braucht es dafür zwingend schulbildung höherer art? und wenn man denn meint, bildung welcher art brauchen zu müssen, was hindert einen, sie sich noch zu erwerben? gerade w e n n der beruf vorbei ist. da hat man doch (wieder) zeit.

andererseits: wer in jungen jahren nicht lernen konnte, weil er z.b. geld verdienen musste, und dennoch ein sehnen nach wissen hatte, wird doch auch ohne schulbank irgendwie sich informiert und gelernt haben. was auch immer. gar nicht zu reden von der schulbank, die man LEBEN nennt.

----------
oder geht es gar nicht wirklich um bildung, sondern um status?

wie bei jenen leuten, die in ihren profilen als höchsten bildungsabschluss das abitur nennen.
ich meine, so ein abitur ist ja eine feine sache. aber eigentlich macht man es, um studieren zu können. fängt man mit dem abitur nichts an, ist es nur bedingt nützlich. und irgendwann, so gänzlich ohne übung, kommt einem auch der größte teil des abitur-wissens abhanden. weil mans ja doch mehrheitlich nicht gebraucht hat, so ohne studium und adäquaten beruf.

gar nicht zu reden von diesen unseligen doktor-titeln, die man sich kaufen, klauen oder ganz redlich zusammen schreiben kann. am ende hat da einer nichts anderes gemacht als brav eine arbeit geschrieben und gedanken gedacht, die vielfach schon andere dachten und nur eben anders ausdrückten. bei nur sehr wenigen doktor-arbeiten findet man tatsächlich eine wissenschaftliche neu-erkenntnis, noch am ehesten bei den naturwissenschaften; die geistes-wissenschaftler käuen zumeist unentwegt wieder, was andere schon gekaut haben.

und dennoch darf so ein doktor sich ein leben lang so nennen, als wäre es sein name. damit auch jeder sieht, dass er dermaleinst zeit aufwendete für zwei buchstaben vor seinem namen. ich kenne eine reihe von müttern, die größeres für die zukunft leisteten.

-----------------
geht es gar nur ums mitreden-können bei hochgestochenen gedanken, kunstbetrachtungen, fremdwortgeschwurbel?

mir, das muss ich jetzt mal sagen, ist der "gesunde menschenverstand" x-mal lieber als irgendwelche spinner, die sich ihr ego damit auffüttern, dass sie den anderen zeigen, wie blöde sie sind (vermutlich kommen von denen die minderwertigkeitsgefühle). die wirkliche leistung des intelligenten menschen besteht nämlich darin, sich dessen bewusst zu sein, dass es auch anderes neben seinen höheren welten gibt.

klar erfordert auch das bildung, nämlich herzensbildung, aber nicht mehr.

Donnerstag, 6. Februar 2014

06022014

" berlin ist ein dorf.", sagte meine mutter zuweilen. was sie nicht aus eigenem ansehen wusste (war sie überhaupt jemals dort?), sondern von ihrer tante, die - ende des 19.jahrhunderts geboren - mit ihren drei ehemännern viel herum gekommen war. (nein, nein, damals ließ frau sich nicht von ihren männern scheiden, sondern begrub sie.)

gewiss ist jedoch, dass dieser spruch auch nicht von der tante stammte, sondern einer allgemeinen erkenntnis entspricht, die auf so ziemlich jede großstadt zutrifft: jeder stadtteil hat ein eigenes einkaufszentrum, eigene festivitäten, eigene sonderlinge und eigenen tratsch. so ganz anonym ist es auch in einer großstadt nur für den, der die einsamkeit sucht.

dass großstädte ihren weltmännischen charakter jedoch gerne herausstellen, sieht man dann, wenn zu ereignissen (gerne verbunden mit irgendwelchen preisverleihungen) internationales publikum eingeladen wird.
da bleibt otto normalverbraucher üblicherweise in seinem kiez und schaut sichs im fernsehen an, wie ich ja auch. (warum also sollte ich in die stadt ziehen?)

und wirklich kann uns aller anke es ja inzwischen mit den großen verleihungen beinahe aufnehmen. flockig locker plappert sie zwischen englisch und deutsch hin und her, bezieht das internationale publikum beim gang durch die reihen mit ein.

john hurt hängt an ihren lippen. bei tilda swinton, die lieber david bowie sein möchte, weiss man nicht, ob ihr anke oder die unerwartete aufmerksamkeit missbehagt. bill murray mag beides nicht, weder anke, noch die aufmerksamkeit. (und tatsächlich war es ein wenig despektierlich, dass anke ihn auf das kurz zuvor genommene getränk ansprach. was war das wohl? - wie taktlos, denke ich. und auch: da muss sie noch ein wenig hollywood schauen. so etwas würde da keiner machen.)

ganz zwanglos, zwischen allerhand geplapper, begrüßt a. die anwesende politprominenz und nennt später jeden sponsor beim namen, was vermutlich nicht nur ich ein wenig peinlich finde.
und irgendwann, und zwar sehr schnell, ist dann auch die luft schon raus. bei anke, bill murray (der in die kamera gähnt) und mancherlei kaugummikauendem deutschen darsteller, der schon nicht mehr damit rechnete, in einen kameraschwenk zu geraten.

die frau staats-wasauchimmer für kultur und zeugs gibt lippenbekenntnisse ab (sie preist kunst und künstler, die der notwendige stachel in wessen fleisch auch immer seien) und ein paar größen vom film-himmel bauchpinseln und knutschen sich auf der bühne gegenseitig.

anke, in einer stunde des nicht mehr ganz altersgemäßen jugendgetues sichtlich verfallen, droht schließlich noch an, dass man sich wieder sähe. wenn die bären verteilt werden.

wirklich?

nö, muss nicht sein.

Mittwoch, 5. Februar 2014

05022014

Die freundlichen Menschen von P..., die sich ganz und gar für mein Haar verantwortlich fühlen, was ja eher nett ist, boten mir an, doch dieses neue Produkt auszuprobieren. Und sie sind dabei ganz selbstlos, denn natürlich ist die Probe kostenlos.

Dabei im Sinn haben sie, mein zweifellos gealtertes Haar zu verjüngen. Jaja, ganz in echt, so steht das da.

Allerdings frage ich mich, wie das denn aussehen soll: Ich, mit weißem, aber jugendlichem Haar.

Außerdem: Was mache ich dann mit dem Rest von mir? Ganzkörpertransplantation? Damit´s passt ...

Samstag, 1. Februar 2014

Wir lesen

Eines von diesen Wochenenden, die eine ganz eigene Dynamik entfalten, zuletzt so erlebt mit A.Eschbachs „Todesengel“.
Man fängt ein Buch an und wird innerhalb kürzester Zeit so gefesselt, dass man nicht aufhören kann. Es kostet schwerste Überwindung, etwas anderes zu tun. In meinem Fall, wo es sich um ein Hörbuch handelt, fallen einem plötzlich nur sehr wenige Dinge ein, bei denen man die Stöpsel aus den Ohren tun und also pausieren muss.

Diesmal „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ von Joel Dicker.
Ein Buch über einen Kriminalfall, über Freundschaft, die Liebe und über das Schreiben.
Während ich lausche, wie weit der im Fall seines Freundes ermittelnde Schriftsteller Marcus Goldman vom Pfad der gleichzeitig laufenden polizeilichen Ermittlung abkommt, fällt mir Harry Wörz ein, dessen Geschichte ich letzte Woche sah. Eine ganz reale, furchtbar tragische Geschichte, die Zeugnis davon ablegt, dass die vielen Facetten des Lebens nicht in einer geradlinig angelegten Polizeiermittlung zu erfassen sind. Im realen Leben gibt es für die vielen Seitenpfade – nicht weiter verfolgte Ermittlungsansätze – polizeiliche „Nebenakten“, die nie ein Richter zu Gesicht bekommt. So erfuhr ich es aus dem Fall Wörz.

Mehr denn je wird klar, dass jeder wie auch immer Verdächtige am Ende nicht nur auf das Wohlwollen der Ermittler, sondern auch noch sehr viel andere Erwägungen angewiesen ist, ehe es überhaupt zur Rechtsprechung kommt.
Wörz brach die Tatsache, dass alle u.U. ebenfalls Verdächtigen Polizisten waren, die sich gegenseitig deckten, den Rücken.

Harry Quebert, dessen Geschichte ich noch nicht zu Ende gehört habe, wird nur schwer Gerechtigkeit wiederfahren, da man ihn moralisch vorverurteilt und deswegen hängen sehen und auch nicht gegen Geldprominenz ermitteln will.

Die Tücke des sich so gern objektiv gebenden Systems liegt im nur allzu Menschlichen. In Ängsten und Vorbehalten des ermittelnden Individuums, das sich am Ende, trotz aller Schwüre auf die Gerechtigkeit, nicht anders benimmt als Otto Normalverbraucher auf der Straße, der gerne mal eine Sau vor sich hertreibt, ohne Genaueres zu wissen.

Mit etwas Pech und ohne jegliches eigene Zutun kann jeder von uns zu dieser Sau werden.

Spannend, gruselig, trotzdem schön, weil aus einer mitfühlenden, aber nicht gefühligen Perspektive geschrieben.

Empfehlenswert.

Freitag, 31. Januar 2014

31012014

Pfeifen

Neulich war die Rede von Pfeifen.
Also nicht diesen dusseligen Leuten, die alleweil irgendwelchen Schwachsinn erzählen oder verzapfen.
Sondern von diesen Trillerdingern. Die man unbedingt haben sollte, wenn da irgendwelche Leute anrufen und meinen, sie seien bei der „Keuchhustenhotline“. (So wenigstens nannte das vor einiger Zeit der kleine Nils.)

Jaja, Telefone. So praktisch sie sind, so tückisch können sie auch sein.
Und ich weiss, wovon ich rede. Hatte ich doch über Monate hin einen unbekannten Freund, der regelmäßig samstags und sonntags, immer morgens um halb sieben, anrief.
Der sagte nichts, hatte auch keinen Keuchhusten, aber geweckt hat er mich. Bis es mir zur Gewohnheit wurde, am Abend zuvor jeweils alle Lautstärke runter zu fahren.
Irgendwann verließ ihn dann die Lust. Aber noch lange nachdem er das letzte Mal angerufen hatte, stellte ich die Lautstärke zurück, ehe mir klar wurde, dass es dessen nicht mehr bedurfte.

Anders meine Mutter, die den größten Teil ihres Lebens ohne Telefon hatte auskommen müssen. (Im Osten hielt man die Leitungen bewusst begrenzt.)
Als die dann eines hatte, ein Telefon, war das die größte Glückseligkeit. Weil sie ja doch so schlecht allein sein konnte. Und sie war es nun einmal.
Wenn man aber mit jemandem sprechen konnte, so am Telefon, war man ein kleines bisschen weniger allein.

Auch ich wusste es zu schätzen, dass ich mit ihr sprechen konnte, jederzeit, als sie schwer krank wurde und immer noch allein war.
Trotzdem ersetzt so ein Telefonat einen Besuch nicht, weshalb ich so oft ich konnte zu ihr fuhr.
Bei solch einem Besuch klingelte ihr Telefon. Und weil angesichts ihrer Krankheit nicht mehr damit zu rechnen war, dass sie wie ihr ganzes Leben lang, wenn etwas spaßig zu werden versprach, pfeilschnell um die Ecke geschossen kommt, ging ich dran.

Als ich mich meldete, gurgelte es am Telefon: „Ich will dich!“
Ich: „Häh?“
Er: „Ich will dich!!!“
Ich: „Ja, wie jetzt?“
Er: „Ich will dich!“ (Stöhn, Ächz)
Ich:“Also wenn das alles ist, was du drauf hast, wird d i c h wohl nie jemand wollen.“
Und legte auf.

Mutter, die inzwischen heran gekommen war und das Gespräch verfolgt hatte, fragte kurz nach.
Und beklagte sich schließlich ganz bitterlich: „Die gaaanze Zeit seit ich ein Telefon habe warte ich auf so einen Anruf. Und wenn er dann tatsächlich kommt, gehst du dran!“

Motto:

Meine Bilder kann man kaufen. Meine Texte und meine Meinung nicht. D-J

Zufallsbild

406000571

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

20022015
hätte, hätte, fahrradkette kann schon sein, nein!,...
erphschwester - 20. Feb, 00:32
puhh!
nochma glück gehabt.
erphschwester - 15. Feb, 11:19
Das
war nicht auf Ihre Kartoffeln bezogen. Das war eine...
pathologe - 15. Feb, 11:11
womit sie jetzt ...
... hoffentlich nicht sagen wollen, dass ich nicht...
erphschwester - 15. Feb, 09:55
Ich
fürchte: ja. (Gilt ja allgemein auch für die Dummheit....
pathologe - 15. Feb, 09:27
Meine Bilder kann man kaufen. Die Texte und meine Meinung nicht. D-J

Suche

 

Status

Online seit 6459 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 20. Feb, 00:32

Credits

kostenloser Counter


Geschichten aus dem Drinnen
Geschichten aus dem Lande und der Welt
vollkommen sinnfrei
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren